Gott. Ewig. Unkonventionell. (2 Sam 12 1ff)

Wer bin ich wirklich?
Der, der ich gerne wäre?
Der, den andere sehen?
Halte ich mehr von mir, als ich bin?
Traue ich mir weniger zu, als ich kann?
Bin ich hochmütig?
Bin ich kleinmütig?
Demütig?

Die Begegnung mit dem Wort GOTTES
zeigt wer ich bin
aus ihr wächst Mut
zum Gehen
zum Fallen
zum Aufstehen
zum Glauben der die Welt überwindet
Mut zum Dienen
Demut.

Gott widersteht den Hochmütigen,
aber den Demütigen gibt er Gnade.
1 Petrus 5,5b
***
Eine spannende Geschichte voller Leidenschaft, üblen Machenschaften, Mord und Tod. Alles beginnt mit einer Frau. Ich habe ihr Bild seit Kindertagen genau vor mir – ein paar Federstriche in „Schild des Glaubens“, einer Kinderbibel, viele von Euch werden sie noch kennen (zumindest wenn man über 55 oder theologisch interessiert ist…)

Diese wenigen Striche zeichnen einen wunderschönen Rücken, lange Haare reichen bis an die Hüften. Und sie gießt sich mit einem Krug Wasser über den Kopf: Bathseba beim Bade. Und das alles auf dem Dach eines Hauses. Zumindest auf dem Bild war das so, im Bibeltext steht das etwas anders, aber das ist Nebensache.

Damit fängt das ganze Drama an. Hauptakteur ist der große König David. Der David, der als Schafhirt mit seiner Steinschleuder den Riesen Goliath zur Strecke brachte. Der David, den sein gefühlvolles Harfenspiel berühmt machte und König Saul vor der Depression rettete. Der David, der dann selbst der wohl größte König von Israel wurde. Wer kennt ihn nicht, selbst Tausende Jahre danach?

König David geht abends auf das Dach seines Palastes und sieht: Eine wunderschöne Frau beim Baden. Auf dem Dach eines Nachbarhauses kann er sie gut sehen (darum schwindelt wohl auch das Bild…).

Und es ist um ihn geschehen. Dumm nur, dass sie verheiratet ist, wie er wenig später herausbekommt. Noch dummer, dass sie die Frau eines seiner Offiziere ist. Eine große Dummheit, dass er mit ihr im Bett landet. Und das, wo der König doch einen ganzen Harem von Frauen hatte.

Frauen liefen dem König ganz offensichtlich in Scharen nach. Sie sangen ihm auf den Gassen hinterher: Saul hat tausend erschlagen, David aber zehntausend! Er war ihr Held, ein Rock-Idol der Frühzeit…

Dumm gelaufen, dass diese Affäre Konsequenzen hatte: Bathseba wurde schwanger. Das brachte selbst einen König damals in ernste Schwierigkeiten: Was sollte er tun? Seine erste Idee: Das Kind seinem Offizier unterjubeln. Der hieß Uria und war an der Front.

Also gab David ihm Fronturlaub und ließ ihn nach Hause kommen. Aber Uria fand das gar nicht gut. Er war Soldat mit Leib und Seele, seine Kameraden ließ man nicht im Stich. Darum schlief er nachts bei seinen Soldaten draußen und nicht drinnen bei seiner Frau. Pech für David.

Aber noch viel mehr Pech für Uria. Denn David kam dann auf eine noch üblere Idee, nämlich Uria wieder an die Front zu schicken und ihn da in die vorderste Reihe zu stellen.

Himmelfahrtskommando nennt man das wohl. Davids Rechnung ging auf, sein Offizier fiel für König und Vaterland, seine Witwe hielt die Totenklage und fand sich gleich danach selbst auch im Harem des Königs wieder.

Plötzlich klopft es an der Tür: Nathan will den König sprechen. Nathan, der im Rufe stand, ein Prophet Gottes zu sein. David ließ ihn natürlich ein, dann bekam er eine Geschichte zu hören (ich lese den Predigttext aus dem 2. Buch Samuel Kap. 12):

Es waren zwei Männer in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder; aber der Arme hatte nichts als ein einziges kleines Schäflein, das er gekauft hatte. Und er nährte es, dass es groß wurde bei ihm zugleich mit seinen Kindern. Es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß, und er hielt’s wie eine Tochter.

Als aber zu dem reichen Mann ein Gast kam, brachte der’s nicht über sich, von seinen Schafen und Rindern zu nehmen, um dem Gast etwas zuzurichten, der zu ihm gekommen war. Und er nahm das Schaf des armen Mannes und richtete es dem Mann zu, der zu ihm gekommen war.

Da geriet David in großen Zorn über den Mann und sprach zu Nathan: So wahr der HERR lebt: Der Mann ist ein Kind des Todes, der das getan hat! Dazu soll er das Schaf vierfach bezahlen, weil er das getan und sein eigenes geschont hat.

Da sprach Nathan zu David: Du bist der Mann! So spricht der HERR, der Gott Israels: Ich habe dich zum König gesalbt über Israel und habe dich errettet aus der Hand Sauls und habe dir deines Herrn Haus gegeben, dazu seine Frauen in deinen Schoß, und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben; und ist das zu wenig, will ich noch dies und das dazutun. Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durch das Schwert der Ammoniter. Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias, des Hetiters, genommen hast, dass sie deine Frau sei.

Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den HERRN.
Nathan sprach zu David: So hat auch der HERR deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben. Aber weil du die Feinde des HERRN durch diese Sache zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben. Und Nathan ging heim.
Und der HERR schlug das Kind, das Urias Frau David geboren hatte, dass es todkrank wurde.

Diese Geschichte ließ mich als Kind lange Zeit nicht mehr los. Nicht, dass ich nicht hätte verstehen können, dass der König sich in eine schöne Frau verliebte: Das kam ja in Märchen alle Nase lang vor, und der schone Rücken von Bathseba war wirklich nicht ohne.

Aber der große König Israels – ein hinterhältiger Mörder? Und diese ganze Geschichte stand sogar in der Bibel – wie kam sie da rein? Was hatte das alles mit Gott zu tun?

Mein Vater fand diese Frage von einem Zehnjährigen offenbar zu kompliziert. Ich könne ja später auch wie er Theologie studieren, da würde ich das lernen können.

Und meine Mutter meinte, viele Menschen könnten mit vielen Geschichten aus dem Alten Testament nur schwer leben, weil es da überhaupt viel Mord und Totschlag gäbe. Und dass das im Neuen Testament dann nicht mehr so wäre. Die Geschichte mit Jesus am Kreuz ließ mich daran aber schon früh zweifeln.

Nun war ich also so klug wie vorher:
Was sollte diese Geschichte in meiner Bibel, also der Heiligen Schrift?
Sollten wir Menschen lernen, dass selbst der größte König Israels kein Heiliger war? Dafür hat die katholische Kirche selbst heute noch ja ganze Heerscharen davon.

Sollten wir lernen, dass Gott selbst vor seinem Lieblingskönig nicht Halt in seinem Zorn macht, wenn der sich daneben benimmt? Doch dafür lässt Gott hier ja ein Neugeborenes sterben, das nun wirklich nichts für die Entgleisungen seiner Eltern oder den heimtückischen Mord seines Vaters kann.

Zunächst einmal gehörte ich also wie so viele andere zu denen, die mit Mord und Totschlag im ersten Teil der Bibel nicht zurecht kamen. Ich will nicht missverstanden werden: Die Sache mit Kain und Abel hatte für mich Hand und Fuß. Hier kann jeder etwas lernen – über die Abgründe der Psyche von Menschen und über die Größe der Gerechtigkeit Gottes.

Aber das Schlachten und Morden jenseits der Urgeschichte – damit kam ich nicht klar. Dann hat mich Gott tatsächlich zum Theologie studieren lassen und ich begriff irgendwann, was ich als Kind nicht begriffen hatte.

Erstens: Kein Wort in der Bibel, nicht eines, wurde von Gott persönlich in die Bibel geschrieben. Jedes Wort der Bibel, wirklich jedes hingegen von vielen einzelnen Menschen, von denen wir nur in den seltensten Fällen wissen, wer sie wirklich waren.

Paulus in seinen Briefen zum Beispiel ist einer der seltenen Glücksfälle, bei dem wir Genaueres über den Verfasser wissen. Wobei sich bei einigen Paulusbriefen die Gelehrten wegen der Verfasserschaft nicht einig werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Bibel in Hebräisch oder Altgriechisch geschrieben ist – also in Sprachen, die inzwischen längst ausgestorben sind. Und jeder, der schon einmal versucht hat, einen Text zu übersetzen weiß, wie viele Möglichkeiten es gibt, dabei Fehler zu machen und mit der Übersetzung NICHT das zu treffen, was im „Urtext“ gemeint war.

Nicht zufällig gibt es ja so viele Bibelübersetzungen, die uns mit der Qual der Entscheidung für die eine oder andere zurück lassen. Nicht zufällig steht bei jedem Roman, der aus anderen Sprachen ins Deutsche übersetzt ist, auch der Übersetzername im Buch. Denn Übersetzer schreiben das Buch noch einmal neu.

Das bedeutet allerdings NICHT, dass in der Bibel Gottes Wort nicht zu finden wäre.
Es bedeutet allerdings sehr wohl, dass Jede und Jeder, der die Bibel liest, das Wort der Menschen vom Wort Gottes zu UNTERSCHEIDEN lernen muss. Dass man Gotteswort von Menschenwort TRENNEN muss. In Worten von Menschen den GEIST GOTTES erspüren muss.

Das ist Arbeit, das ist nichts für einen entspannten Fernsehabend.

Der Lohn dieser Arbeit aber ist die Entdeckung des Wortes Gottes, einer Wahrheit, die Bestand hat, ewig wahr bleibt. Das ist Wahrheit, die einen das eigene Leben neue analysieren und verstehen lehrt. Das ist zu hoch für einen philosophierenden Pilatus (was ist Wahrheit…), aber gerade recht für mich.

ZWEITENS: Bei dieser Arbeit ist es unabdingbar, möglichst viel über den Verfasser, dessen Zeit und dessen Ziele herauszubekommen. Je mehr man darüber herausbekommt, desto eher schafft man es, zur göttlichen Wahrheiten des Textes vorzudringen (ob man sie dann wirklich findet, bleibt offen).

Unser Predigt-Text und der Text drum herum ist ganz deutlich das Werk eines Historikers. KEINES Hofberichterstatters: Davon gibt es in der Bibel andere. Aber dieser Historiker hier ist gut informiert, kritisch und beweist Distanz zum Königshaus. (Vielleicht war er sogar eine Sie – wer weiß.)

Es geht ihm darum, Fakten zu übermitteln und zu bewerten. Wenn ich das erkenne, weiß ich auch: Er wird sehr wahrscheinlich nicht daneben gestanden haben, als Nathan mit dem König sprach. Vielleicht hat er es nicht einmal von Nathan selbst erfahren, sondern weiß alles nur vom Hörensagen.

Damit aber ist der Satz „Und der HERR schlug das Kind, das Urias Frau David geboren hatte, dass es todkrank wurde“ (15b) als Bewertung zu beschreiben. Der Historiker ist der Meinung, dass der Tod dieses Kindes Strafe Gottes für die Eltern ist. Und er verbrämt es historisch: Damit die Feinde es sehen.
Damit ist er durchaus Kind seiner Zeit.

Und ich muss diese Bewertung zwar zur Kenntnis nehmen. TEILEN aber werde ich sie nicht. Wenn das Doppelgebot der Liebe das größte Gebot und der Weg zu Gott ist, wie am vergangenen Sonntag zu hören war – dann tötet Gott keine Kinder. Erst recht nicht, damit die Feinde es sehen.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Was nehme ich nun mit aus diesem Historikertext der Bibel? Neben den historischen Fakten und den Bewertungen aus sehr alter Zeit? Wo steckt hier Gottes Wort?

Für heute habe ich zwei Dinge gefunden:

(1) Selbst in frühen Zeiten der Geschichte, als Könige fast tun und lassen konnten, was sie wollten, ist „die Sünde“ und ihre unausweichliche Konsequenz für das Leben schon Thema gewesen. Und das ohne internationalen Gerichtshof in Den Haag. Und auch für den König selber.

Tatsache ist doch:
David, dessen Erfolg auf seinem Charisma, seiner Intuition und seinen unkonventionellen Handlungsweisen beruht, verliert durch den Fehltritt seine innere Freiheit. Die Angst vor Entdeckung treibt ihn zu Handlungen, die ihm nicht entsprechen und ihm letztlich selbst schaden.

Jetzt wird er überführt. Dass er jetzt schon „des Todes“ ist, hat er auch begriffen: Wer sich so weit von Gott entfernt wie er, kann vielleicht noch ein paar Jahre leben. Aber was für ein Leben sollte das sein, ohne Gott?

So schmerzlich es ist, von Nathan überführt zu werden: David redet sich nicht noch einmal heraus. Er wirkt vielmehr befreit. Endlich ist es heraus.

Damit legt er sich wehrlos in die Hände Gottes. Und zeigt uns damit die einzige Möglichkeit, aus der Kluft der Sünde wieder herauszukommen: Den Glauben an Gott, der Gnade und Liebe vor alle Vergeltung setzt.

(2) Nicht nur David ist unkonventionell, Gott ist es noch viel mehr.
David und Bathseba waren füreinander bestimmt. Auch wenn jeder von uns diese Geschichte als „blankes Unrecht“ bezeichnen würde. David tröstet Bathseba, und es gelingt ihm offensichtlich. Sie bleibt bei ihm, sie bekommen noch (wenigstens) ein Kind.

Vielleicht wäre David in Den Haag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Für Gott aber ist er offenbar immer noch ein großer König. Sünde ist NICHT das Ende der Beziehung Gottes zu den Menschen. Vielleicht wäre Bathseba als Ehebrecherin gesteinigt worden. Gott aber schenkt ihr Salomo. Den wohl weisesten König, den Israel je hatte.

Die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes:

Sie sind größer, als wir es je werden fassen können.
Und genau darum sind sie die einzige Hoffnung,
auf die Verlass ist.
Unsere Hoffnung.

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