Worauf es ankommt (Jer 23 16-19)

Unseren Gottesdienst zum 1. Sonntag nach Trinitatis zum Nachhören finden Sie für vierzehn Tage hier.

Lothar Zenetti:
Auf seiner Spur

Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?
So viele Geräusche – welches ist wichtig?
So viele Beweise – welcher ist richtig?
So viele Reden – ein Wort ist wahr.

Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?
So viele Termine – welcher ist wichtig?
So viele Parolen – welche ist richtig?
So viele Straßen – ein Weg ist wahr.

Christus spricht:
Wer euch hört, der hört mich;
und wer euch verachtet, der verachtet mich.
So der Wochenspruch aus Lukas 10 (16)
***

Eigentlich bin ich ganz froh, dass ich nicht weiß, was morgen kommt. Jesu Wort klingt mir täglich in den Ohren: Sorgt euch nicht um morgen, es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

Das ist große Wahrheit, finde ich. Mir ist schon manches Ungemach passiert. Wenn ich vorher gewusst hätte, DASS das passieren würde, hätte ich es wohl mit der Angst bekommen und tagelang vorher nicht mehr schlafen können und wäre ein reines Nervenbündel geworden.

Also ist es gut so, wie es ist: Ich weiß nicht, wann, wo und wie ich sterben werde und was noch alles vorher geschehen wird. Ich kann also voller Gottvertrauen, davon habe ich eine ganze Menge, im Heute leben und einfach nur versuchen, meine Sache ordentlich zu machen.

Ich weiß allerdings, dass es Menschen gibt, die weniger Gottvertrauen haben als ich und die daher ängstlicher auf das Morgen schauen. Ich weiß auch, dass es viele Menschen gibt, denen es schlechter geht als mir. Also wirklich schlechter, über viele Jahre oder gar durch ihr ganzes Leben.

Und da erlebe ich öfter, dass die wissen möchten, wie sie aus ihrer Lebenssituation herauskommen können. Also was sie heute ändern müssen, damit es morgen besser würde. Die hätten gern wenigstens einiges von dem gewusst, was morgen kommt.

Das kann ich gut verstehen, und ich würde denen gerne helfen und mich als Prophet versuchen und sagen: Tu dies, lass jenes, dann wird es ganz sicher morgen so oder so aussehen.

Doch könnte ich das wirklich?
Natürlich weiß ich: Wenn ich jemanden taufe, wird dieser Mensch nass. Aber ob er sein Taufgeschenk einmal zu schätzen weiß und mit gesundem Gottvertrauen im Heute leben kann, egal was auch passiert – genau das weiß ich eben nicht.

Ich würde einen eher schlechten Propheten abgeben, was die Qualität meiner Vorhersagen angeht. Wenn mich also jemand z.B. nach meiner Prognose fragen würde, wie die US-Wahlen ausgehen werden – jetzt, wo Herr Trump ein verurteilter Verbrecher ist und sich selbst als politischen Gefangenen darstellt, würde ich es lieber mit einem Freund halten, der bei solcher Gelegenheit immer sagt:
Bin ich Prophet? Hab ich geschrieben großes Buch?

Um Prophetie – wahre oder falsche – geht es im Bibeltext für heute, ich lese Verse aus Jeremia 23 ab Vers 16:

16 So spricht der HERR Zebaoth:
Hört nicht auf die Worte DER Propheten, die euch weissagen!
Sie betrügen euch,
sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen
und nicht aus dem Mund des HERRN….
18 Wer hat im Rat des HERRN gestanden,
dass er sein Wort gesehen und gehört hätte?…
21 Ich SANDTE die Propheten nicht, und doch laufen sie;
ICH redete nicht zu ihnen, und DOCH weissagen sie. …
23 Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR,
und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
24 Meinst du,
dass sich jemand so heimlich verbergen könne,
dass ich ihn nicht sehe?,
spricht der HERR.
Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?,
spricht der HERR.
25 Ich höre es wohl, was die Propheten reden,
die Lüge weissagen in meinem Namen…
28 Ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träume;
wer aber mein WORT hat,
der predige mein Wort recht.
Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen?…
29 Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, …
und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?

Nach allem, was wir heute wissen, hat es zu Zeiten Jeremias im Umfeld des Jerusalemer Königspalastes nicht wenige Frauen und Männer gegeben, die prophetisch dachten und redeten. Sie waren kluge Leute, die ihre Zeit analysierten und versuchten, den Menschen durch Ratschläge zu helfen.

Propheten konnte man in zwei Gruppen unterscheiden: Die eine, die versuchten, den Menschen Mut zu machen und Hoffnung und Frieden verkündeten, und die anderen, die Unheil kommen sahen und versuchten, die Menschen darauf irgendwie vorzubereiten.

Jeremia gehörte in diese zweite Gruppe. Wir wissen, dass er ein Intellektueller aus der Oberschicht war, der in führenden Kreisen verkehrte. Er vertrat die Botschaft, dass Gott den Babyloniern unter ihrem König Nebukadnezar die Herrschaft über Juda zugesprochen hätte.

Das hörte man damals natürlich nicht gern, und so ging es ihm so, wie es auch heute nicht selten regimekritischen Geistern geht: Man warf ihm so etwas wie Wehrkraftzersetzung vor und steckte ihn ins Gefängnis, als er angesichts der Belagerung Jerusalems durch die Babylonier öffentlich zur Kapitulation aufrief. Das waren damals viel öfter als heute Orte, an denen man schon mal versehentlich umkommen konnte.

Nun ist es so, dass man im Nachhinein ja immer klüger ist. Jeremia sollte nun Recht behalten. Jerusalem wurde 587 v. Chr. durch die Babylonier erobert und mit seinem Tempel zerstört. Die Oberschicht wurde deportiert, viele Menschen verloren ihr Hab und Gut, oft sogar das Leben.

Doch geht es darum? Geht es darum, Recht zu behalten? BEHIELT Jeremia denn Recht? Auch die Babylonier verloren später Kriegsglück und Macht. Die deportierte Oberschicht kehrte aus ihrem Exil zurück, Jerusalem und der Tempel wurden wieder aufgebaut. Also BEHIELT Jeremia letztlich doch nicht Recht.

Dass seine Worte dennoch bis heute aufgehoben wurden, dass sie Bestandteil unserer Heiligen Schrift wurden und sie zweieinhalb Jahrtausende später nicht nur zu lesen, sondern zu BEDENKEN sind, liegt an etwas anderem:

In seinen Worten findet sich WAHRHEIT. Wahrheit, die durch die wechselhaften Zeiten hindurch nichts von ihrer Bedeutung für uns Menschen verloren hat. Wer Gott begegnen, Gott näher kommen will, der kommt an der Wahrheit in diesen Worten des Jeremia nicht vorbei.

Und auch wenn kein Mensch auf dieser Welt jemals WISSEN kann, wie Gott ist, was er denkt, was er sagt, was er wirklich WILL: In Jeremias Worten kommt gerade das zum Ausdruck. Hier geht es um das, was Menschen von Gott wissen KÖNNEN. also um Theo-Logie, um die Menschen-Lehre von Gott.

Und genau darum vergreift sich Jeremia NICHT im Ton, wenn er behauptet, dass seine Worte von Gott selbst gesprochen seien. Jeremia kleidet sie in Fragen Gottes, die der Mensch zu beantworten suchen sollte:

18 Wer hat im Rat des HERRN gestanden,
dass er sein Wort gesehen und gehört hätte?…
Antwort: Niemand. In der Vergangenheit nicht, in der Gegenwart nicht, in der Zukunft nicht. Fazit: Niemand kann den Plan Gottes mit den Menschen und dieser Welt kennen. Gottes Wege sind und bleiben: Unergründlich.

23 Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR,
und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Oder anders: Glaubst du wirklich, dass Gott der Kumpel von nebenan ist, den du durchschaut zu haben meinst? Den du nur mit „lieber Gott“ anzureden brauchst und dann mit ihm ein Bierchen trinken kannst?
Antwort: So nahe er dir ist, so fern ist er dir. Manches an ihm ist dir nah, das wirst du begreifen. Vieles an ihm aber bleibt dir fern und Geheimnis des Glaubens. Er ist Gott, kein Mensch.

24 Meinst du,
dass sich jemand so heimlich verbergen könne,
dass ich ihn nicht sehe?,
spricht der HERR.
Antwort wieder: Niemand und niemals. Vor einem ewigen, unendlichen Gott ist nichts und niemand verborgen. Fazit: Niemand kann tun und lassen, was er will, OHNE dass Gott es im Auge behalten würde – um es in menschlichen Kategorien auszudrücken. Also gibt es auch keinen Ort auf dieser Welt, an dem Gott fern sein könnte.

Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?,
spricht der HERR.(24)
Gibt es irgendetwas, irgendjemanden im Universum, der oder das NICHT von Gott gewollt, ja mehr noch: Nicht auch ein TEIL Gottes ist? Kann man ihm jemals irgendetwas NEHMEN?
Antwort, oder besser Gegenfrage: Wie sollte das gehen?

Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen?(28)
Oder anders: Was hat denn das Stroh mit dem Getreide gemein?
Antwort: Sie kommen aus ein und derselben Pflanze. Aber wer die Spreu vom Weizen – Menschenwort von Gotteswort – nicht zu unterscheiden lernt, der ist nicht lebensfähig.

29 Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, …
und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?
Die Elberfelder Bibel übersetzt: Ist mein Wort nicht brennend wie Feuer, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?
Antwort: Gottes Wort ist kein Zeitungsdeutsch. Heute gedruckt und gelesen, morgen schon Altpapier, übermorgen vergessen. Es brennt, es zerschlägt. Ohne Zeitgrenze.

Falsche Sicherheiten, Hochmut, Selbstüberschätzung, Selbstgerechtigkeit haben vor Gottes Wort keine Chance, unerkannt zu bleiben. Sie werden freigebrannt, in Splitter zerschlagen, in ihre Einzelteile zerlegt, so dass jeder und jede erkennen kann, was im Verborgenen gehalten werden sollte.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Lebt es sich nicht besser ohne Gott? Hat er wirklich einen Plan, sieht und hört alles, schafft alle Himmel und alle Erden? Ist seine Zuwendung zu uns, sichtbar in der Taufe, nicht eher eine zusätzliche Last für das Leben als eine Verbesserung unserer Lage, wenn uns Gott auf Schritt und Tritt nicht nur beobachtet, sondern auch in unsere Herzen sehen kann?

Welche Rolle sollen dann wir spielen, wenn Gottes Plan schon fertig und seine Erfüllung NICHT auf sich warten lässt, sondern selbst der Ukrainekrieg oder der Terror in Israel – Palästina oder der Völkermord jetzt im Sudan IN diesen Plan gehören sollen?

Für mich allerdings lohnt sich der Weg OHNE Gott nicht.
Denn dann wäre ich angewiesen auf das, was die große und kleinen Machthaber in Welt und Familie zu sagen haben.
Und da ist von Amerika bis Russland, von China bis zum Sudan nicht viel Gutes zu erwarten.

Für mich ist Jeremias Weg mein Weg:

Nach Gott zu fragen, auf seine Stimme zu hören und gerade so erkennen, worauf ich hören soll im Gewirr der Geräusche, Beweise und Reden.

Auf Gott zu sehen, all seine Werke um mich herum vom Berg bis zum Käfer zu bestaunen und gerade so zu erkennen, wohin ich gehen soll im Gewirr der Termine, der Parolen und Straßen.

Dann kann ich sehen,
dass Gott der Gott einer Liebe ist, die kein Ende kennt – so haben wir es vorhin im 1. Johannesbrief gehört. Liebe ist das einzige, was in der Lage ist, in den kleinen und großen Konflikten auf dieser Erde etwas zum Besseren zu wenden.

Dann kann ich begreifen,
dass in Jesus Christus die Gnade Gottes neben mich getreten ist. Gnade findet in jedem Menschen das Gute, lässt es wachsen und macht es groß. So begreife ich auch den Wochenspruch in dem Christus spricht: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.

Dann kann ich leben,
dass die Gemeinschaft, sie sich durch Gottes Kraft schon hier auf der Erde unter den Menschen gründet, mir die wichtigste Familie auf dieser Welt wird. Denn sie sucht die Nähe zu Gott und wird von ihm gefunden.

Kurz:
Die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sind Gottes Plan für mich, und einen besseren finde ich nicht.
Jetzt weiß ich, worauf ich hören soll.
Und, wohin ich gehen soll.
Glaubt mir: Das lohnt sich.
Für jede und jeden von uns.
AMEN

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