Egal wohin die Zeit uns treibt, die Liebe bleibt (Mt 25 14-30)

Was ist wichtig in meinem Leben,
was nicht?
Was ist wirklich wertvoll,
wo scheint es nur so?
Wie halte ich es mit dem,
was ich habe oder was ich kann?
Besitze ich, als wenn es mir GEHÖRTE
oder habe ich, so dass ich es VERWALTE?
BESITZE ich die Liebe Gottes
oder VERWALTE ich sie als treuer Knecht?

Wem viel gegeben ist,
bei dem wird man viel suchen;
und wem viel anvertraut ist,
von dem wird man um so mehr fordern.
Lukas 12,48
***

Es gibt für Momente in meinem Leben, da könnte ich es mit der Angst zu tun bekommen. Was heißt könnte: Dann bekomme ich es mit der Angst, obwohl ich von meinem Naturell aus eher nicht sonderlich ängstlich bin.

Da liegt das größte Atomkraftwerk Europas nicht nur mitten im Kriegsgebiet der Ukraine, sondern auch unter Beschuss. An den Super-GAU in Tschernobyl kann ich mich noch sehr gut erinnern. Viele Menschen starben damals und sterben noch heute. Die Sowjets haben Menschen im wahrsten Sinne des Wortes verheizt, weil sie die Lage anders nicht in den Griff bekommen hätten, und die radioaktiven Wolken und ihre Auswirkungen haben bis weit nach Westeuropa gereicht.

Das ukrainische Ministerium für Umweltschutz veröffentlichte kürzlich eine Auflistung möglicher Folgen einer ähnlichen Katastrophe in Saporischschja: Die Sperrzone müsse zehnmal so groß wie in Tschernobyl sein, zwei Millionen Menschen müssten evakuiert werden. Die radioaktiven Wolken von Tschernobyl werden nur ein Bruchteil von dem gewesen sein, was dann kommt. So machen Menschen selbst aus Atomkraftwerken Atombomben. Weil es Menschen gibt, die das so wollen und können. Und sie sind nicht die einzigen, die mit Angst machen.

Da spielen Nordkoreaner und Iraner mit stark angereichertem Uran und basteln sich echte Atomwaffen. Die Menschenrechte ihrer Bürger treten sie mit Füßen, so dass man davon ausgehen muss, dass sie ihre Atomwaffen auch nutzen, wenn ihnen irgendwann einmal danach ist.

Da ist ein amerikanischer Ex-Präsident, der seine finstersten Anhänger zum Sturm auf das demokratische Parlament anstachelt, der streng geheime Akten schreddert oder einfach mit nach Hause nimmt und der drauf und dran ist, auch bei der nächsten Wahl wieder anzutreten und sogar gute Chancen auf Erfolg hat.

Die Chinesen reden von einer Wiedervereinigung mit Taiwan, obwohl Taiwan niemals zur Volksrepublik China gehört hat. Sie drohen offen mit Gewalt und sind schon lange Atommacht.

Ja, ich weiß – das sind keine schönen Vorstellungen, für niemanden hier, und eigentlich nichts für einen Sonntag, und ich höre jetzt auch auf. Und doch kann ich nicht verhindern, immer mal wieder darüber nachdenken zu müssen:

Was bleibt eigentlich, wenn diese Welt sich einmal selbst versenkt? Was hat Gott für mich bereit, wenn hier alles untergeht? Sicher, sterben muss jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze. Das ist das Leben hier auf dieser Welt, das Anfang UND Ende kennt. Aber wenn ALLES vorbei ist: Was bleibt?

Das ist eine Frage, mit der sich wohl alle Religionen beschäftigen. Auch die Bibel beschäftigt sich damit. Da ist als wohl bekanntestes Buch in dieser Sache die Offenbarung des Johannes, auch Apokalypse genannt, die ihre Vorstellungen vom Untergang dieser Welt in sehr drastischen Bildern erzählt.

Auch Jesus selbst hat sich mit diesem Thema beschäftigt, berichten uns die Evangelien, und dabei auch drastische Bilder benutzt. Matthäus stellt Jesusworte dazu in den Kapiteln 24 und 25 zusammen.

Jesus sieht den Tempel an: Kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben. Das Heiligtum wird in Schutt und Asche liegen. „Es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist (erst) der Anfang der Wehen.“ (24 7+8) „Es wird dann eine große Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist vom Anfang der Welt bis jetzt.“ (24 21).

Und Jesus mahnt zur Wachsamkeit: „Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, so würde er ja wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen. Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr’s nicht meint.“ (24, 43+44).

Darum erzählt er von den fünf klugen und fünf „törichten“ Jungfrauen. Ich würde „töricht“ ja lieber mit „unachtsam“ übersetzen. Sie denken einfach nicht richtig nach, vergessen die Vorsorge – und haben keine Chance, ihr Versäumnis wieder gut zu machen: „Ich kenne euch nicht!“ sagt der Bräutigam, und die Tür zum Fest bleibt für sie verschlossen. Endgültig.

„Darum wachet! Ihr wisst weder Tag noch Stunde. Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging.“ (25 13+14). Da sind wir dann bei dem Predigttext von heute, ich lese aus Kapitel 25 die Verse 14-29:

Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und ging außer Landes. Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu. Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe fünf Zentner dazugewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe zwei dazugewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!
Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.
Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat.
Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.

So funktionierte er schon immer, der Kapitalismus. „Wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.“ Für welches Vergehen? Einzig für das Vergehen der Furcht. Der Knecht hatte Angst, dass ihm der Umgang mit dem vielen Geld nicht gelingen könnte. Angst vor dem Zorn seines harten Herren.

Der schwamm offensichtlich im Geld. Ein Zentner, so übersetzt Luther das griechische Wort „Talent“, das waren sechzig sogenannte „Minen“ Silber. Eine Mine entsprach dem Wert von hundert Denaren.

Denkt an das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg: Ein Denar, das ist ein Tagelohn. Hundert Denare mal sechzig, das sind gleich 60.000 Denare, der Lohn für 60.000 Arbeitstage. Mit einer Sechs-Tage-Woche gerechnet ergibt dies 312 Arbeitstage im Jahr. Die 60.000 Denare geteilt durch die 312 Arbeitstage, das ergibt rund 19 Jahre. So sind die 60.000 Denare der Verdienst eines Tagelöhners von 19 Jahren.

Auf unsere Verhältnisse umgerechnet sind das knapp eine halbe Million Euro, nimmt man einmal einen Verdienst von 25.000 € im Jahr an, ist das das Einkommen für 19 Jahre Arbeit. So viel bekommt der Ängstliche anvertraut, also der, der am wenigsten bekommt. Eine unglaublich große Summe. Allein diese kleinste würde schon für ein halbes Leben ohne Sorgen reichen.

Der andere bekommt doppelt so viel, also eine ganze Million Euro. Das ist eine Summe, die für 38 Jahre sorgloses Leben reicht. Und der erste bekommt gar fünfmal so viel: Zweieinhalb Millionen Euro. Und ihr könnt davon ausgehen, dass der reiche Herr neben seiner Reisekasse auch noch einen „Notgroschen“ hatte, der ihm sein Leben in Wohlstand bis an sein Lebensende garantiert hätte.

Hier geht ein Milliardär auf Reisen. Das sieht man spätestens dann, als er zurück kommt und seine Knechte Rechenschaft ablegen lässt. Die ersten beiden haben sein Vermögen jeweils verdoppelt, und doch sagt er beiden diesen unglaublichen Satz: „Du bist über WENIGEM treu gewesen, ich will dich über viel setzen!“ Zweieinhalb Millionen Euro – für ihn nicht mehr als die Portokasse.

In dieser Welt ist für den Ängstlichen kein Platz. Der Reiche nimmt ihm alles. Matthäus lässt diese Grausamkeit ENDGÜLTIG werden und den Reichen sagen: „Und den unnützen Knecht werft hinaus in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“ (25 30)

Das ist der Kapitalismus. Diese Welt, die dem Geld nachjagt, hat keinen Platz für fünf unachtsame Jungfrauen und den ängstlichen Knecht. „Geh hinein zu deines Herrn Freude…“ – das bekommen nur die zu hören, die dieses Spiel um die Millionen mitspielen.

Was also bleibt, wenn diese Welt der Reichen und Schönen untergeht? Die Freude der Reichen, der Erfolg-Reichen, was wird aus dieser Freude, wenn diese Welt der vollen Bank-Konten verbrennt? Konten, die heutzutage nicht einmal Negativ-Zinsen fürchten, weil es ja nicht einmal um die Portokassen, sondern nur um ein paar Briefmarken geht? Was bleibt, worum geht es wirklich im Leben?

Luther würde sagen, wir haben es vorhin in seiner Erklärung zum ersten Gebot aus dem Großen Katechismus gehört: Dass du dir den RICHTIGEN Gott suchst. Er schreibt da weiter: „Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles genug, wenn er Geld und Gut hat, verlässt und brüstet sich darauf so steif und sicher, dass er auf niemand etwas gibt. Siehe, dieser hat auch einen Gott, der heißt Mammon, das ist Geld und Gut, darauf er all sein Herz setzt, welches auch der allergewöhnlichste Abgott ist auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich sicher, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und wiederum, wer keins hat, der verzweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott.“

Luther lässt keinen Zweifel: Der RICHTIGE Gott – das ist NICHT der Mammon. Denn der hinterließ und hinterlässt die meisten Menschen auf dieser Welt in Verzweiflung und Verzagtheit – um mit Matthäus zu sprechen: In der „äußersten Finsternis“, wo „Heulen und Zähneklappern“ sind.

Und worauf KOMMT es nun an bei dem RICHTIGEN Gott, bei dem Dreieinen, der UNSER Gott sein soll?

Dass man sein Leben von IHM, dem RICHTIGEN Gott, ausrichten lassen soll, in SEINER Währung bezahlt WIRD und ZAHLT.

Jesus redet doch noch weiter. Am Ende kommt es darauf an, vor dem Richt-Stuhl Christi zu bestehen. Und da heißt es ein paar Verse später auf die erstaunte Frage der „Gerechten“ (25 ab 37):

„Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben? Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen? Oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

DAS ist die Währung, die Bestand hat, die Gott uns anvertraut und mit der WIR zu arbeiten haben: Liebe, Zuwendung und Barmherzigkeit.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Wenn heute die Welt unterginge – es bliebe Liebe, Zuwendung und Barmherzigkeit. NICHTS sonst. Die Gerechten werden gar nicht GEMERKT haben, dass sie gezahlt haben!

Und das, was bleibt, was EWIG bleibt, das hat Konsequenzen für das, was ist. Für UNSER Leben im Hier und Jetzt.

Als Jesus das klar gestellt hat, ist er zum letzten Mal in Jerusalem angekommen und geht ans Kreuz. ER ZAHLT in der Währung, die ewig bleibt. So haben wir es vorhin auch von Wilhelm Willms gehört (dem katholischen Priester, von dem Liedtexte wie „Alle Knospen springen auf“, „Wenn das rote Meer grüne Wellen hat“ oder „ der Himmel geht über allen auf“ stammen) :

jesus christus/ er nahm den tod in kauf/ er gab sein leben in zahlung/er machte unser soll zum haben

Jesus machte all unser Soll zum Haben. Also: Lebe und liebe voller Zuwendung und Barmherzigkeit.

Denn die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes –
sie SIND für uns in unserer Lebenszeit
und sie BLEIBEN, wenn heute die Welt unterginge. AMEN.

 

 

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