Wunschzettel (Jes 11 1-10)

LIEBE
auch wenn wir sie Tag für Tag
vermissen und vermissen lassen
EINTRACHT
auch wenn wir sie Tag für Tag
vermissen und vermissen lassen
FRIEDEN
auch wenn wir ihn Tag für Tag
vermissen und vermissen lassen

Bei Gott können wir sie finden
darum feiern wir
diese Heilige Nacht
Das Wort ward Fleisch
und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.
Johannes 1,14a
***
WEISSAGUNG aus dem Buch des Propheten Jesaja Kap. 11,
zugleich der Predigttext für heute (Verse 1-10):
1 Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.
2 Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.
3 Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören,
4 sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande, und er wird mit dem Stabe seines Mundes den Gewalttätigen schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten.
5 Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und die Treue der Gurt seiner Hüften.
6 Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten.
7 Kuh und Bärin werden zusammen weiden, ihre Jungen beieinanderliegen, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind.
8 Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter, und ein kleines Kind wird seine Hand ausstecken zur Höhle der Natter.
9 Man wird weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land ist voll Erkenntnis des HERRN, wie Wasser das Meer bedeckt.
10 Und es wird geschehen zu der Zeit, dass die Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Völker fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein.

Wunschzettel. In Schönschrift, gemalt, gebastelt. Adressiert an das Christkind, den Weihnachtsmann, die Eltern. Mit vielem von dem, was man gern hätte – in der ganzen Bandbreite vom neuen Smartphone bis dahin, dass sich die Eltern doch wieder vertragen mögen oder die Lieblingsoma wieder gesund wird.
Manches davon wird erfüllt, manches nicht. Leider.

Wunschzettel. Alle Jahre wieder wird es Millionen, vielleicht sogar Milliarden neue davon geben. Schuld daran ist Gott selbst. Hätte er uns nicht mit einem Verstand ausgestattet, der in der Lage ist, auch über die Zukunft nachzudenken, gäbe es gar keine Wunschzettel.

Nun ist es aber, wie es ist, alle Jahre wieder: Man hat seine Wünsche auf einem Zettel, egal ob auf einem echten oder nur virtuell im Kopf, und träumt davon, dass irgendetwas darauf in Erfüllung gehen möge. Wenn nicht zu Weihnachten, dann eben anderswann.

So war es auch schon, lange bevor es Weihnachten gab. Der Prophet Jesaja hatte ja nicht wenig auf seinem „Wunschzettel“, ich habe ihn vorhin vorgelesen.

Die politischen Umstände zu Jesajas Zeiten ließen für ihn sehr zu wünschen übrig. Vor den Grenzen lauern gut bewaffnete Feinde, in den Grenzen herrschen hochmütige und selbstgerechte Könige. Kein Wunder, dass Jesaja von einem neuen, gerechteren König träumt. Von einem neuen Spross aus dem Hause Isais, dem Vater des großen Königs David.

Er soll so über Israel herrschen, wie es dem Willen Gottes entspricht. Gottes Geist soll ihn so führen, dass nicht nur Israel selbst, sondern auch die Völker drum herum zu ihm aufsehen werden.

Dann soll ein großer, ein absoluter Friede ausbrechen, der nicht nur die Menschen, sondern sogar die Tiere erfasst: Nie wieder fressen und gefressen werden, sondern einträchtiges Beieinanderliegen.

Genau besehen ist das mehr als ein Wunschzettel des Jesaja. Es ist eine Vision, die Verheißung einer neuen Gottesherrschaft über alle Welt. Und Jesaja hat gute Gründe für diese Verheißung: Gott hat sein Volk schon einmal aus der Sklaverei befreit, und Gott ist treu und wird sich treu bleiben. Die neue, große Befreiung wird kommen. Es ist nicht die Frage ob, sondern nur wann.

Hunderte Jahre später scheint immer noch alles beim Alten. Der Wolf wohnt nicht friedlich beim Lamm, und die Menschen schlagen sich immer noch bei jeder besten Gelegenheit die Köpfe ein.

Doch immer mehr Christen, die in ihrer Bibel lesen, erkennen Jesus Christus in den Worten des Jesaja wieder. Für sie ist diese Verheißung in DEM, der zur Weihnacht auf diese Welt kam, in Erfüllung gegangen.

Jesus aus Nazareth ist dieser neue Spross aus dem Hause Davids. Auf ihm ruht der Geist des Herrn. Er vollbringt Wunderbares, hat Weisheit und Verstand. Seine Gotteserkenntnis ist für viele Menschen eine Offenbarung, auch seine Sicht auf die Menschen fasziniert viele bis auf den heutigen Tag.

Egal, wem er begegnet, er sieht im Menschen gegenüber ein Ebenbild Gottes und behandelt ihn auch so. Und heute, wo es Weihnachten wird, kam Jesus einmal zur Welt – als Kind in einem Stall, genau so klein und verletzlich wie ein junger Trieb, der aus einer Wurzel kommt.
So ging die Weissagung des großen Jesaja in Erfüllung, und darum feiern wir Weihnachten, alle Jahre wieder neu.
AMEN.

Neeneenee, Pastor. So nicht.
Ja, Corona-kurz soll die Vesper heute sicher sein, nichts dagegen. Aber dass Du dich so aus der Affäre stehlen willst, so sang-und klanglos: So nicht. Man KANN nicht einfach sagen: Die Wünsche Jesajas sind im Krippenkind erfüllt worden – denn DAS SIND SIE NICHT.

Der Wolf wohnt nicht friedlich beim Lamm, gerade wir Brandenburger können ein Lied davon singen: Kaum wird er wieder heimisch bei uns, lehrt er die Schafbesitzer das fürchten, die Schafe selbst erst recht.

Auch Anderenorts wird das mit Panther und Böcklein ebenso wenig besser laufen wie mit Kalb und Löwen. Und auf der ganzen Welt wird es keine Mutter und keinen Vater geben, die ihren Säugling mit einer Schlange spielen lassen.

Diese Welt ist voller Bosheit und Schaden, und was die Menschen nicht aus Geltungs- oder Herrschsucht selbst kaputt bekommen, das regeln die Corona-Viren oder ihre riesige Katastrophen-Verwandtschaft unsichtbar und heimlich hinten herum.

Ganz zu schweigen vom aufgerichteten Feldzeichen, um das sich die Völker scharen: Wer von den Mächtigen der Welt fragt den heute nach dem, was Jesus Christus sagt oder will? Xi Jinping oder Donald Trump? Wladimir Putin oder Erdogan, von dem mir gerade der Vorname nicht einfällt: Also der, der vorgestern den missliebigen Journalisten Dündar zu 27 Jahren Gefängnis verurteilen ließ, allein dafür, dass der seine Arbeit machte? Da soll Weihnachten vor 2020 Jahren die Erfüllung des Messias-Traums von Jesaja passiert sein?

Dagegen könnte man natürlich sagen: In UNSEREN AUGEN ist der Traum erfüllt. Denn wer Jesus Christus begegnet ist, der ist Gott begegnet. Der hat begriffen, dass „Gerechtigkeit der Gurt seiner Lenden und Treue der Gurt seiner Hüften“ sind.

Dass die Liebe Gottes so groß ist, dass auch der fernste Nächste keine Bedrohung, sondern Gottes Ebenbild ist. Und dass die Macht Gottes keine Grenzen kennt, auch nicht die Naturgesetze oder den Tod, den alles Leben hier sterben muss.

Und wer sein Leben darauf einstellt, dem kann es gelingen, sein Leben in Respekt und Hochachtung vor dieser Welt und allem, was auf ihr lebt, zu leben. Der wird WIRKLICH Frieden schließen können. Einen Frieden, der mehr ist als eine Zeit ohne Krieg. Einen Frieden, der so tief geht, als wenn „Kuh und Bärin … zusammen weiden“ und der Löwe „Stroh fressen“ würde wie das Rind.

Aus dieser Sicht heraus gibt es sogar das Feldzeichen, um dass sich die Völker scharen, um nach Gott zu fragen: Es ist das Kreuz. Das hängt nicht nur im Herrgottswinkel oder im Gemeinderaum, sondern steht hoch aufgerichtet auf Golgatha.

Hier wird der, dessen Geburt wir heute feiern, einmal unschuldig umgebracht, um die Zeche der Menschen ein für allemal bei Gott zu begleichen (wohl dem, der irgendwann in seinem Leben wenigstens eine Ahnung davon bekommen konnte, wie das gemeint sein könnte!).

Und um dieses Kreuz schart sich die Weltkirche, also ALLE, die sich Christen nennen und als Christen leben wollen, weil das der Sinn ihres Lebens ist. Die Kirche schart sich um das Kreuz, weil sie wissen muss, wofür und wohin sie leben will.

Die große Vision des Jesaja – sie IST erfüllt, wenn auch anders, als er sich das gedacht hat.

Kommt jetzt das „Amen“?
Nein, meine Schwestern und Brüder, immer noch nicht.
Es geht bei Jesaja nämlich nicht um Hätte, Wenn oder Würde. Wir würden ihn verbiegen, wenn wir sagen: Es ist erfüllt, nur anders, als er sich das vorstellte. Wir würden ihn nicht nur verbiegen, sondern UNS die Chance nehmen, das Gleiche sehen zu können wie Er.

Jesaja war doch kein Dummkopf. Er KANN gar nicht von dieser Welt reden. Denn solange DIESE Welt, die wir kennen, fürchten und lieben sich dreht, WIRD der Wolf Lämmer reißen und WERDEN viele Menschen unbelehrbar bleiben: Sie werden sich selbst höher achten und wichtiger nehmen als die Mitmenschen, die Geschöpfe oder die erschöpflichen Ressourcen dieser Erde.

Jesaja weiß das; sonst würde er Wolf und Lamm, Löwe und Kalb, Säugling und Schlange nicht zusammenbringen. Gerade so aber öffnet der den Menschen, die in dieser Welt leben und an diesem Leben auch leiden, den Blick für die große Macht Gottes.

Für einen Plan, der alles, was wir kennen, in den Schatten stellt. Ein neues Leben, das Gott bereit hält und das er uns heute schon sehen lässt. Für einen neuen Himmel und eine neue Erde, die Gott schaffen will und schaffen wird.

Jesaja sieht auf den letzten Advent Gottes, öffnet uns den Blick in den Himmel Gottes. Denn wer sehen kann, woraufhin er lebt, also wohin es gehen soll, der lebt anders.
Und die Geburt Jesu Christi, die wir zu Weihnachten feiern, lässt uns noch deutlicher sehen, sogar spüren, wie nah uns Gott schon HEUTE sein will und kann.

Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes zur Weihnacht ist dies:

Die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sind es,

die unsere Zeit auf dieser Welt bestimmen
und uns Zukunft sein werden. Ewig.
Das lasst uns feiern. AMEN

 

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