Urteile und Urteil (1.Kor 4 1-5)

Gott wird Gerechtigkeit schaffen
sein ewiger Advent ist das Ende
kein Unrecht, Leid und Schmerz
für alle und jeden
auf ewig

wir
sind wir auf dem Weg zum Heil der Welt
oder verlaufen wir uns
leben wir für Gottes Gerechtigkeit
oder für die Macht der Menschen

den Lauf der Welt
nehmen wir ihn hin
oder mischen wir uns ein

Bereitet dem HERRN den Weg;
denn siehe, der HERR kommt gewaltig.
Jesaja 40,3.10
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Schulnoten.
Bewertungen.
Urteile.

Schulnoten:
Die bekommt man auch, wenn man älter als 25 ist. Wer kennt das nicht: Da rutscht einer auf eisglattem Bürgersteig aus, und das nicht einmal zahlende Publikum – verteilt Haltungsnoten. Dabei tut schon der Aufprall weh, wenn nicht gar Schlimmeres passiert.

Bewertungen:
Man tut das, was man tut, so gut man es kann. Versucht, den Erwartungen gerecht zu werden. Man bummelt nicht, ist so gut wie nie krank, arbeitet unter vollem Einsatz. Man könnte zufrieden sein mit dem Geleisteten.
Dann aber muss man sich anhören, was man alles hätte anders, wie man es hätte richtig machen sollen. Weil man, anders als die Chefs dieser Welt, eben fehlbar sei.

Urteile:
Ist ein Urteil erst einmal auf dem Papier, so schwarz auf weiß, wird man es kaum jemals los. Da hilft nicht einmal verbrennen: In Deutschland ist man Meister der Verwaltung, und irgendwo ist ordentlich eine Kopie abgelegt.
Und wenn du dich mit 50 irgendwo bewirbst, gibt es fast immer irgendeinen in der Chefriege, der sich lieber an die letzte Schulbeurteilung als an deine Lebenserfahrung hält.

Dass es nichts Neues unter der Sonne gibt, das wusste schon der alte Lehrer im ersten Teil der Bibel, „Prediger“ genannt. Alles wiederholt sich. Auch Paulus hat hunderte Jahre nach ihm gelernt, wie recht der Prediger hatte.

Doch Paulus wäre nicht Paulus, wenn er nicht auch dazu etwas zu schreiben gehabt hätte, über das sich auch zweitausend Jahre später noch nachzudenken lohnt. Ich lese aus dem 1. Korintherbrief (4, 1-5):

1 DAFÜR halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse.
2 Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden.
3 Mir aber ist’s ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht; auch richte ich mich selbst nicht.
4 Ich bin mir zwar nichts bewusst, aber darin bin ich nicht gerechtfertigt; der Herr ist’s aber, der mich richtet.
5 Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und/ wird das Trachten der HERZEN offenbar machen. Dann/ wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden.

Nicht nur einmal: Der Missionar Paulus macht sich auf den weiten Weg ins Ungewisse, verlässt seine angestammte Heimat, begibt sich in Lebensgefahr. Reisen war vor zweitausend Jahren nur ganz selten erholsame Urlaubsbeschäftigung. Aber er muss es einfach tun, weil er das, was er durch Jesus Christus vom Dreieinen Gott begriffen hat, nicht für sich behalten kann.

Paulus weiß: Gott hat mit seinem Evangelium SEIN Leben zum Guten geändert, und es wird viele ANDERE Leben zum Guten ändern. Darum will er es unter die Leute bringen. Die ganze Welt muss davon wissen!

Und er findet sie auch, Menschen, die ihm zuhören, sich anstecken lassen. Menschen, die ihr Leben am Evangelium neu ausrichten. Die Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus und den Menschen um sie herum leben und damit anders leben wollen als vorher.

An vielen Orten am Mittelmeer findet er sie; so auch in der Hafenstadt Korinth. Aber kaum hat er gerade dieser Gemeinde den Rücken zugekehrt, da kommen sie aus ihren Löchern, die Paukertypen mit ihren spitzen Stiften. Die Oberlehrer machen sich an die Arbeit und schreiben:
Zeugnisse.

Inhalt der theologischen Aussagen: Nun ja – Im Ganzen Gut. Aber der Mündliche Ausdruck, was er erzählt hat, als er hier war – das war nun bestenfalls ein – Mangelhaft. Und denkt doch an seine Körperhaltung, das war doch nun gleich eine – glatte Sechs.

Da haben wir hier doch Besseres zu bieten. Soll sich dieser Ausländer mal an diesen leuchtenden Vorbildern ein Beispiel nehmen! Versetzungsvermerk: Dieser Kandidat rückt nicht auf.

Paulus ist sitzen geblieben. Und das, obwohl er doch längst aufgestanden war. Er WOLLTE doch kein Zeugnis. Er BRAUCHTE gar keine Beurteilung von den Korinthern. Erst recht keine VERurteilung.

Jetzt sieht sich völlig missverstanden. Er ist enttäuscht. Eigentlich hatte er doch ein gutes Gefühl, als er sich von ihnen verabschiedete und wieder auf den Weg machte.

Erschöpft sich dieses neue Leben, das so hoffnungsvoll begonnen hatte, jetzt in der Benotung seiner Körperhaltung? Verlieren sich die ungeahnten Möglichkeiten eines echten Neubeginns in „mangelhaftem mündlichen Ausdruck“?

Es ging doch um die FROHE Botschaft für ein Menschenleben. Um Gottes Wort an die Menschen, das sie ihr Leben neu und besser begreifen lehrt. Nun aber geht es plötzlich um Leistung und Abrechnung, um das Aufrücken in die nächst höhere „Klasse“?

Man mag nun sagen: Was muss uns der alte Ärger des Paulus heute interessieren? In unserer Gemeinschaft gehen wir doch zivilisiert und freundlich miteinander um! Naja, mal ne kleine Stichelei hinter dem Rücken, aber das ist doch nur Spaß…

Außerdem: Wo sind wir hier eigentlich? Geht es hier nicht um den Advent? Um die dritte Kerze am grünen Kranz unserer Hoffnung? Und die lebenslange Adventsfrage: Warum es auch in diesem Jahr wieder Weihnachten für uns werden muss?

Aber man muss nur die Ohren richtig aufhalten. Wie das immer aussieht! Nicht mal die Straße VOR dem Haus haben Pfarrers ordentlich gefegt. Und wie es IM Haus aussieht! Früher hätte es sowas nicht gegeben.

Hausbesuche – macht der ÜBERHAUPT Hausbesuche? Also, bei meinem Geburtstag war er nicht. Da kam nur jemand aus dem Besuchskreis mit einer selbstgemachten Karte.
Und im Gemeindebrief steht 23. Januar und 2. Sonntag nach Epiphanias, dabei ist es aber der 3.. Kann der nicht mal Korrektur lesen, bevor er das Ding in den Druck gibt?

Helfen schlechte Noten im Leben, zumal von Menschen, die wir gar nicht um Benotung GEBETEN haben? KENNEN die uns überhaupt, können sie WISSEN, wen sie bewerten? Hier scheitern doch manchmal sogar die besten Freunde.

Schulnoten, Bewertungen, Urteile. Weil man es nicht allen recht machen kann, gibt es immerzu schlechte Zeugnisse, selbst im Ehrenamt. Diese kleinen und großen Gerichtstage des Lebens machen einem das Leben schwer. Manchmal sogar zur Hölle auf Erden. Spätestens dann, wenn an aufkommenden Selbstzweifeln das gesunde Selbstvertrauen zerbricht.

Doch Paulus schreibt: Wir sind in der neuen Gemeinschaft des Evangeliums zu nichts anderem da, als zu versuchen, Gottes Wort in unserem Leben zu hören und ihm zu folgen. Und Gott erwartet nicht mehr und nicht weniger, als dass wir treue Haushalter sind: Zuverlässige Geschäftsführer in Sachen GEHEIMNIS GOTTES.

Dabei geht nicht um irgendwelche Rätsel, die zu lösen wären. Es geht um das Geheimnis der Begegnung unseres Lebens mit dem lebendigen Gott. Die Aufnahme unseres Lebens in Gottes Leben.

Dass Gott neben uns ist und uns leben lässt, obwohl wir selbst kein Leben schaffen können.
Dass unser Leben frei ist und frei bleibt, obwohl wir nicht müde werden, Grenzen zu ziehen und Mauern zu errichten.
Dass jedes Leben gleich wichtig und wertig ist, obwohl wir alle unterschiedlich sind.
Dass die Liebe allein das Menschsein wirklich groß macht, obwohl es manchem viel leichter fällt, Geld zu investieren als aufrichtig Liebe zu verschenken.

Wir können vieles: Atomkerne spalten, Erbgut verändern, auf den Mond fliegen, immer älter werden.
Aber zu sehen, dass wir aus den großen Geheimnissen Gottes leben, dass ein Leben ohne Freiheit, Fairness untereinander und gelebter Liebe misslingt: Das bleibt manchem oft dauerhaft verborgen.

Andere Menschen zu bewerten, sie einzuordnen in sympathisch und unsympathisch, gut oder schlecht: Das steht uns nicht nur nicht zu, sondern wirkt diesem Geheimnis Gottes geradezu entgegen. Das KOSTET nur: Zeit, Energie und vor allem Gelegenheit. Gelegenheit zur Liebe.

Darum schreibt Paulus: Richtet ruhig, schreibt Zensuren soviel ihr wollt. Klopft euch selbst auf die Schulter, bis ihr krumm seid. Aber denkt nicht, dass mich das beeindruckt. Das alles interessiert mich überhaupt nicht.

Selbst wenn ich mir selbst / gar nichts im Leben vorzuwerfen hätte: Es würde nicht die geringste Rolle spielen, selbst wenn alle Menschen und sogar ich selbst mit mir zufrieden wären.
Die einzige Rolle spielt:
Was Gott über mich denkt.

Seid ihr nicht darum Christen geworden? Rechnet ihr nicht darum mit der Wiederkunft des Herrn? Lebt ihr nicht darum im Advent? Verpasst doch das Evangelium nicht! „Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt.“
Also: Überhaupt nicht!

Meine Schwestern, meine Brüder:

Wenn Gott in unserem Leben ankommt, ändert das alles.
Dann ist mein Tadel eines anderen,
auch der Tadel über mich selbst in DIESEM Leben abgeschafft.

Und das einzig ernst zu nehmende Lebensurteil wird dann von Gottes Ausricht-Stuhl kommen.
Gott aber meint es gut mit mir. Er lässt sich nicht vom äußeren Schein trügen. Er bringt das „Trachten des Herzens“ „ans Licht“.

Dass er uns wirklich liebt, lässt Christus uns spüren, seit er in unsere Welt getreten ist. HIER ist es zu finden, das Geheimnis der Menschwerdung Gottes. Dass der ewige, unendlich Gott uns zeitliche, kleine Menschen liebt und uns glücklich sehen will.

Wenn Gott in unserem Leben ankommt, erwartet er nicht mehr von uns, als dass wir dieses Geheimnis erkennen und in Treue zu IHM verwalten. In sein Leben eintauchen.

Diener Jesu Christi, Haushalter dieses Geheimnisses zu sein: Gottes Gaben als persönliches Geschenk zu erkennen und treu mit diesem Geschenk zu wuchern, nicht aber so zu tun, als könnte man selbst der Fülle des Lebens auch nur eine Handvoll hinzutun. Denn die Fülle des Lebens kommt in der Krippe im Stall in diese Welt.

Darum muss es auch in diesem Jahr wieder Weihnachten werden, damit wir diese Fülle nie aus den Augen verlieren. Dass wir die werden, die wir sein sollen:

Haushalter der Liebe Gottes, der Gnade unseres Herrn Jesus Christus und der Gemeinschaft des Heiligen Geistes.
SIE bewahren unsere Leiber und Seelen in Christus Jesus.

AMEN

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