Die Hoffnung
Der Tag wird kommen
wo jeder Mensch, der
je gelebt hat und lebt
Gott so sehen wird, wie er ist
Liebe, Heil und Gerechtigkeit für alle
Die Gefahr
Dass Hoffnung das Heute unwert macht
Menschen warten lässt auf ein Morgen
dass es endlich besser würde
das Leben
GOTT aber lässt
Menschen in seinem Geist zusammen wohnen
jetzt schon leben im Glanz seines Reiches
Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade,
siehe, jetzt ist der Tag des Heils. 2 Korinther 6,2b
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Von der Macht der Dämonen und dem Gottesfinger. Davon spricht der Predigttext, ein Abschnitt aus Lukas 11 ab Vers 14:
14 Einmal trieb Jesus einen stummen Dämon ´aus einem Besessenen` aus.
Sowie der Dämon ausgefahren war, konnte der Mann, der bis dahin stumm gewesen war, reden. Die Menge staunte;
15 doch einige waren darunter, die sagten: »Er treibt die Dämonen mit Hilfe von Beelzebul aus, dem Obersten der Dämonen.«
16 Andere wollten Jesus auf die Probe stellen und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel.
17 Jesus, der ihre Überlegungen kannte, sagte zu ihnen: »Jedes Reich, das mit sich selbst im Streit liegt, geht zugrunde; in einem solchen Reich fällt eine Familie über die andere her.
18 Wenn also der Satan mit sich selbst im Streit liegt, wie kann sein Reich dann bestehen? Und ihr behauptet, dass ich die Dämonen mit Hilfe von Beelzebul austreibe!
19 Wenn ich die Dämonen tatsächlich mit Hilfe von Beelzebul austreibe, mit wessen Hilfe treiben dann eure eigenen Leute sie aus? Sie selbst sind es daher, die über euch das Urteil sprechen werden.
20 Wenn ich die Dämonen nun aber durch Gottes Finger austreibe, dann ist doch das Reich Gottes zu euch gekommen.
Einem Menschen hat es die Sprache verschlagen. Ein Dämon macht ihn stumm. Dann begegnet er Jesus. Der hebt ihn heraus aus der Sprachlosigkeit, dem unendlichen Schweigen, das Kommunikation so schwer macht, Beziehungen zum Scheitern bringt, Leben zerstört.
In dieser Geschichte begegne ich einem Menschen, der in seinem Leid, dem er NICHT EINMAL WORTE, KEINE STIMME geben kann, nicht aufgegeben wird. Der erlebt, dass Gott an ihm, dem Stummen, Interesse hat. Dass er ihn nicht überhört, sondern sich an seine Seite stellt. Jesus hört den stummen Schrei und entzieht sich nicht.
Und vertreibt den Geist der Sprachlosigkeit. Einen stummen Dämon, der so anders ist, als ich mir Dämonen vorstelle, wenn ich das überhaupt tue. Denn die sind eher laut – alles andere als stumm eben. Dieser Stumme aber wird reden. Ein Mensch atmet auf. Er findet Freiheit, sein Leben wird gerettet.
Die Begegnung zwischen dem Stummen und Jesus wird nur kurz erwähnt. Ich erfahre nicht, wie der Stumme sich bemerkbar macht: Lässt er einen anderen für sich sprechen: Herr, Sohn Davids, erbarme dich meiner? Ich erfahre auch nicht, wie Jesus es macht: Rührt er ihn an? Sagt er: Dein Glaube hat Dir geholfen?
Dankt der Befreite Jesus? Lobt er Gott?
All das scheint Lukas an dieser Stelle so zweitrangig, dass er es mit keiner Silbe erwähnt. Dafür aber einen Namen, der sonst nur noch bei Matthäus auftaucht und in der gesamten jüdischen Literatur überhaupt nicht: Beelzebul, übersetzt »Herr der erhöhten Residenz«. Er ist der Widerpart zum „Gottesfinger“ in dieser Geschichte. Und als solcher auch sofort in aller Munde. Alle wissen, wer er ist und was sie von ihm zu halten haben.
Das ist Lukas wichtig: Dass das Geschehene einen offenen Streit provoziert. Die Freude des Befreiten geht daher unter im Gegrummel murrender Zeugen. Anstatt sich über die Heilung zu freuen, stockt ihnen der Atem. Ihrem Glauben fehlen Antworten, die allen Fragen standhalten (wie armselig). Darum murren sie: Jesus, wie machst du das? Zeig uns deine Vollmachten!
Dieser Streit – so alt wie diese Welt. Um ihn geht es in Wahrheit! Es ist der ewige Streit über das Wunderbare. Etwas, das geschieht wie ein Wunder, etwas, was sich jeder schlüssigen Erklärung entzieht.
Der Vorwurf darum: Der da steckt mit den dunklen Mächten unter einer Decke! Er kann nur Erfolg haben, weil er Teil des dunklen Systems ist. Teil der Bedrohung. SELBST die Bedrohung!
Jesu Antwort: Ein Reich, dass in sich uneins wäre, würde zerfallen. Würde der Teufel zu heilen beginnen, wäre er nicht Teufel, würde das Böse sein Kraft verlieren. Auch eure Söhne und Töchter, die heilen, können doch nicht vom Teufel sein. Denn wenn es so wäre, wäre sein Reich zerbrochen. Es hätte keine Macht mehr, würde untergehen. Genau das aber tut es eben nicht. Jedenfalls nicht zu Jesu Zeiten.
Ist es heute anders?
Dämone: Sind das Phänomene der Vergangenheit?
Geister: Gibt es sie nur in Horrorfilmen oder auf Spielkonsolen?
Nicht wenige sehen ja gebannt auf die alte Religiosität Afrikas, in der Geister eine zentrale Rolle spielen. Geister, die Seelen der verstorbenen Vorfahren, Tiere, Pflanzen. Die die Lebenden umgeben und ihre Leben beeinflussen. Sehr real nachzuempfinden übrigens in „Die rote Antilope“ und einigen anderen Büchern Henning Mankells.
Doch die meisten verbannen Dämonen und Geister lieber in das Mittelalter oder die Exorzismen der katholischen Kirche. Und verlieren dabei den Blick für Geister und Dämonen der eigenen Zeit. Computer zum Beispiel sind strohdumm – das aber mit rasender Geschwindigkeit. Ist der Geist des Nutzers gerade nicht auf der Höhe, potenzieren sich Fehler schnell in ungeahnte Größen.
Diese Wahrheit hat kürzlich ein Nutzer der Kommunikations-Plattform Facebook schmerzlich erfahren müssen: Er wollte einige Freunde zu seiner Geburtstagsfeier einladen, durch einen falschen Klick wurde die Einladung öffentlich. Aus der geplanten Geburtstagsparty mit einigen Freunden wurde ein Meeting mit einigen tausend Teilnehmern mitten in einer größeren deutschen Stadt. Der Einladende – völlig überrascht, die Polizei völlig überfordert von den Dämonen des www.
Und wenn ich morgen sterbe: Wer löscht eigentlich meine Daten aus dem Internet? Fotos, e- Mails, ja auch Predigten? Wie viele Daten von Menschen, die längst tot sind, gibt es schon in diesem unsichtbaren Netz? Wann platzen die Server aus allen Nähten? Gibt es irgendwann den Beruf der virtuellen Archäologie, die mit elektronischen Pinseln, Schippen und Sieben das Internet nach Schätzen durchforschen?
Dämone: Einfach nur Phänomene der Vergangenheit? Das Wetter lässt Menschen den Atem stocken. Wolkenbrüche, die Erinnerungen an die Sintflut weckten; Stürme, die Bäume umknickten wie Streichhölzer und in der Karibik einen Rekord nach dem anderen brechen.
Man kann ihn doch hören, den schweren Atem unserer Erde. Wälder in Portugal, die in Feuersbrünsten vergehen und Menschenleben kosten. Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder: So war es, als die Welt noch in Ordnung zu sein schien. Als man in den Sommerferien schwitzte und zu Weihnachten echter Schnee fallen konnte. Klimawandel, auch menschengemacht, und kein Weg zurück. Kindliche Jahreszeiten vergehen durch die Geister, die wir gerufen haben und nicht mehr loswerden.
Dämone: Einfach nur Phänomene der Vergangenheit? Ein junger Mann, gebildet und sensibel. Er hat all das, was manches Herz begehrt. Job, Familie, Haus, Garten. Gerade erst ist er zum zweiten Mal Vater geworden. Er fährt mit dem Auto in den Wald, stellt die Bilder von Frau und Kindern aufs Armaturenbrett, trinkt eine Flasche Schnaps und wirft einen Medikamenten- Cocktail ein. Ein Pilzsammler findet ihn gerade noch rechtzeitig. Ärzte, Psychologen und Seelsorger gehen auf die Suche nach den Dämonen, die seine Seele vernebeln und seinen Körper knechten.
Und als seien all diese Geister noch nicht genug, kommt dazu der gehetzte Blick der Rastlosigkeit. Der einem Angst macht, zu kurz zu kommen. Oder zu spät. Oder gar beides. Der das Morgen zum Ziel macht. Dem Jetzt sein Recht nimmt. Seine Ruhe. Und die Schönheit. Und die Wichtigkeit. Dieser merkwürdige Geist dieser Zeit, der es hindert, sich abends auf einen Stuhl vor die Tür zu setzen, zu entspannen, zu plaudern, dem Leben zuzusehen und dabei vielleicht ein gemütliches Pfeifchen zu rauchen. Ach ja, das schadet ja der Gesundheit.
Dämone: Viele wären froh, sie wären tatsächlich einfach in die Märchenwelt zu verdrängen. Aber sie sind irgendwie überall, schon immer und immer wieder neu. Auch wenn sie unsichtbar sind, sind sie stark. Rette sich, wer vor ihnen sich retten kann.
Ein brasilianisches Sprichwort sagt:
Es gibt keinen Teufel. Deshalb ist er auch so stark.
Oder anders: Wenn ihn auch keiner sieht,
seine Macht bekommt alle Welt zu spüren.
Auch bei uns bekommen Menschen seine Macht zu spüren.
Viele Dinge, die geschehen, geschehen ohne wirklich schlüssige Erklärung. Die alte, quälende Frage nach dem Warum bleibt auch in Zukunft unbeantwortet und wird dennoch gestellt. Warum passiert mir das? Warum lässt Gott das zu? Warum geht es mir nicht besser?
Menschen unterscheiden sich durch das, was sie wissen. Ein wenig jedenfalls. Aber alle sind völlig gleich in ihrer grenzenlosen Unwissenheit. Warum gibt es Terrorismus trotz immer höher Verteidigungsausgaben? Unheilbare Krankheiten trotz Hochleistungsmedizin? Grausamkeiten zwanghafter Sucht trotz Psychologie? Braunen Geist trotz Ausschwitz?
Auch bei uns scheiden sich die Geister, wenn Dämonen ihren Herren kennenlernen und ihr Spiel verlieren. Gürtelrosen, die verschwinden, nachdem jemand Sprüche darüber legte. Allergien, die es nicht mehr gibt, nachdem jemand kribbelnde Ströme durch die Finger des Leidenden fließen ließ. Menschen, die Freiheit finden, nachdem sie Worte der Freiheit hörten. Auch hier wird der Vorwurf laut: Alles Mumpitz! Schwarze Kunst! Ohne schlüssige Erklärung!
Doch bei genauem Hinsehen erweisen sich auch viele Erfolge der Schulmedizin einfach nur als Fakten ohne schlüssige Erklärung. Denn mag Diagnose auch eine Wissenschaft sein – die Therapie bleibt unsichere Kunst. Greift sie doch in das Dickicht der Unendlichkeit des Menschen. Hier kann niemand vorher mit sicher wissen: Welche Wirkungen treten ein? Welche Nebenwirkungen? Glaubt der Kranke fest genug an seine Heilung?
Diese Fragen drängen umso mehr, weil diese unsere zerrissene, geplagte Welt sich sehnt nach Frieden, der in die Seelen einzieht.
Der die Schönheit des Lebens siegen lässt über die Dämonen der Welt.
Meine Schwestern, meine Brüder:
Jesu Antwort auf dieses Fragen: Der Glaube bringt die Entscheidung. Damals wie heute. Jesus erweist sich als Herr der Geister. Er heilt, er behält Recht. Durch den GOTTESFINGER.
Menschen betreten die Sixtinische Kapelle in Rom. Alle sehen nach oben. Zu über fünfhundert Quadratmetern bemalter Fläche.
Vier Jahre lang hat Michelangelo daran gearbeitet. Vier Jahre lang hat er die ersten Kapitel der Bibel in Bilder gefasst. Seine Welt erstrahlt in hellen Farben. Der Mensch Adam ist schön und kräftig. Beinahe gleichauf erscheinen Adam und sein Schöpfer.
Und dann entdeckt man den Akt der Beseelung des Menschen in ganz neuer Weise: Die Menschwerdung geschieht durch Berührung. Adam, völlig entspannt liegend, begegnet Gott, der in einer Wolke heranwirbelt, Haar und Bart im Sturm zerzaust.
Beide haben eine Hand ausgestreckt. Im nächsten Augenblick werden sich ihre Finger berühren. Im nächsten Augenblick wird durch Gottes Finger der Geist den Menschen zu eigenem Leben erwecken.
Und das glaube ich wirklich: Ein Fingerzeig Gottes genügte, Adam zum Leben und Jesus ins ewige Leben zu holen. Ein Fingerzeig Gottes hat auch mir das Leben geschenkt und wird mich selbst aus dem Grab zu neuem Leben wecken. Und Jesus lässt uns diesen Fingerzeig Gottes in unser aller Leben sehen. Zeigt das Reich Gottes mitten im Reich der Dämonen.
Nicht gestern und nicht morgen, sondern heute, jetzt und hier. Der Fingerzeig Gottes entscheidet, wie wir leben.
Denn er lässt uns das Reich Gottes finden.
Das Reich, das nicht von dieser Welt ist,
aber die Sehnsucht aller Welt ist.
Ein Fingerzeig Gottes macht es lebendig, dieses Reich,
lässt es in unserem Glauben lebendig sein.
Er lässt uns den Frieden Gottes finden, der größer ist, als all unser Denken es fassen kann, und der unsere Seelen und Leiber bewahrt in Christus Jesus. Amen.