Das Geheimnis Gottes feiern
ohne es zu zerreden
das Geheimnis seiner Macht
das Geheimnis seiner Nähe
das Geheimnis seines Lebens
Trinitatis – Geheimnis des Glaubens:
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen.
2. Kor 13, 13
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Lasst uns heute das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel sprechen. Es ist Glaubenszeugnis in evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirchen.
Zu finden ist es im Gesangbuch (in unserem unter der Nummer 854):
Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat,
Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserm Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
AMEN.
Meine Mutter hat mir erzählt, dass meine Warum-Phase anstrengend und lang war. Also die als Kleinkind. Und ich glaube, dass sie nicht übertrieben hat. Ich kann mich nämlich selbst daran erinnern, dass ich noch als Schulkind diebische Freude daran hatte, meinen Eltern so lange mit Warum-Fragen auf den Wecker zu gehen, bis sie die Notbremse zogen.
Der die das/ wer wie was/ wieso weshalb warum/ wer nicht fragt bleibt dumm:
Zur Krönung meiner kindlichen Warum-Phase gab es dann im Westfernsehn sonntags die „Sendung mit der Maus“, da war ich neun, und nur ein Jahr später (glaube ich) die „Sesamstraße“. Und ich weiß noch, dass ich das Titellied vom ersten Tag an geliebt habe: Der die das, wer wie was, wieso weshalb warum, wer nicht fragt bleibt dumm.
Denn endlich hatte ich eine Begründung für meine Warum-Fragen. Eine nahezu wissenschaftlich begründete Begründung. Meine Warum-Fragen waren nicht dazu da, meine Eltern zu nerven, sondern: Wer nicht fragt bleibt dumm. Dumm bleiben – das wollte ich nicht, und auch meine Eltern konnten das nicht wollen. Also mussten sie da durch.
Anders war die Sache allerdings, wenn die Warum-Frage MICH erwischte. Zum Beispiel warum ich bei der langweiligsten Beschäftigung der Welt, dem Abtrocknen nach dem Sonntagsmittag, einen Teller offenbar absichtlich fallen gelassen hatte. Unsere Küche hatte Fliesen auf dem Boden, und nichts aus Glas oder Porzellan hatte da beim Aufschlag eine Chance.
Warum hast du das gemacht?
Was sollte ich sagen?
War es mir peinlich, kam ein „weiß nicht“.
War ich bockig, kam ein „Darum!“.
So ein „Darum“ brachte allerdings weiteren Ärger, darum habe ich es sparsam verwendet. Manchmal konnte ich aber nicht anders. Denn MICH hat diese Warum-Fragerei der Eltern als Kind total überfordert.
Darum gab es irgendwann auch ein stillschweigendes Übereinkommen über die elterliche Notbremse bei Warum-Fragen meinerseits. Vater oder Mutter sagten dann: Warum, warum – warum ist die Banane krumm? Und wir antworteten dann gemeinsam: Wenn die Banane grade wär, wäre sie keine Banane mehr. Damit war mir klar: Diese Warum-Runde war zu Ende. Zumindest für diesen Tag.
Heute macht mir das Warum – Fragen immer noch Spaß. Das geht sicher allen so. Wenn einen etwas beschäftigt, was man sich selbst nicht beantworten kann, egal ob politisch oder naturwissenschaftlich oder weil man einen Geburtstag nicht weiß: Dann fragt man einfach den nächstbesten Menschen oder ein Lexikon oder das Internet. Darum taugt das Warum offenbar sogar als Radiomotto: „Wir lieben das Warum“ heißt es immer wieder mal im INFO- Radio des RBB.
Dieses Motto funktioniert aber nicht in allen Lebenslagen. Denn es gibt Warum-Fragen, die ohne Antwort bleiben, besser auch ohne Antwort bleiben sollten. In der Bibel taucht dazu immer wieder das Bild vom Ton und dem Töpfer auf. Der Töpfer bestimmt, was aus dem Ton entstehen soll, und es ist vermessen, wenn der Ton sich beschweren würde: Warum bin ich ein Nachttopf und kein Bierkrug? Paulus dazu: “Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht etwa ein Werk zu seinem Meister: Warum hast du mich so gemacht?” (Röm 9,20)
Aber es gibt nicht nur die vermessenen Warum-Fragen. Es gibt auch solche, die einen persönlich immer wieder beschäftigen, weil sie einen entweder fröhlich machen oder aber schmerzen. Und die finden oft nur unbefriedigende Antworten, oft sogar gar keine.
Warum gibt es so viel unbegreifliche Qual auf dieser Welt? Warum dieses Fressen und Gefressen Werden, wo doch alles, was lebt, an seinem Leben hängt? Warum gibt es so viel sinnloses Leid gerade bei der Krone der Schöpfung, den Menschen, wo die kleinen und großen Putins dieser Welt Folter und Tod verbreiten, von den eigenen Familien bis in andere Völker?
Warum finde ich keinen Partner, der mit mir das Leben teilen will? Warum haben wir keine Kinder? Warum kann ich nicht gesund sein? Warum keine Arbeit finden, die mich erfüllt?
Antworten, die befriedigen, also Frieden in die Seele bringen, sind da Mangelware, und wenn sie für die Eine gelten, stimmen sie für den Anderen nicht. Viele Menschen können dann mit den Schultern zucken und packen dann das frühkindlich trotzige „Darum“ wieder aus und legen diese Fragen dann zur Seite.
Andere aber können das nicht. Immer und immer wieder beschäftigt sie das Warum ohne eine Antwort, die ihnen Frieden geben könnte. Das betrifft vor allem einen Kern des Lebens, den persönlichen Glauben. Menschen, die ihren Glauben als größte Kraftquelle ihres Lebens erfahren, erfahren leidvoll, dass Menschen neben ihnen diesen Glauben nicht nachvollziehen können.
Das ist darum schon immer ein großes Thema gewesen, auch für Paulus. Warum schafft und liebt Gott den Menschen, der ihn doch immer und immer wieder enttäuscht, verleugnet und ablehnt? Warum sind Menschen, die mit dem Glauben an Gott aufgewachsen sind, in der Lage, einen anderen Menschen gleichen Glaubens ans Kreuz zu nageln? Warum kommen alle, die Gott glauben, immer und immer wieder in Zweifel und Abfall von Gott?
In den Briefen des Paulus an die Gemeinde in Korinth beispielsweise oder die in Rom nimmt er sich diesen Fragen in immer neuen Perspektiven an. Im Römerbrief, aus dem der Predigttext für heute kommt, heißt eine Antwort dann (11, 32): „Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.“
Offenbar ist sich Paulus bei dieser Antwort bewusst, dass sie ein geteiltes Echo hervorrufen wird.
Die Einen werden es tröstlich finden, dass Gott sich ALLER erbarmen wird, also auch der Abgefallenen, Zweifelnden, Suchenden, der Sünder.
Die Anderen aber werden diese Antwort eher als trotziges „Darum!“ hören, das sie eher ärgert als ihnen Frieden bringt. Sie wollen verstehen, nicht mit Behauptungen ruhig gestellt werden.
Ich denke, dass Paulus klug genug war, das zu wissen, und dass er gerade deshalb an seine Antwort einen Lobpreis Gottes anfügt:
33 O welch eine Tiefe des Reichtums,
beides,
der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!
Wie unbegreiflich sind seine Gerichte
und unerforschlich seine Wege!
34 Denn “wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen”? (Jesaja 40,13)
35 Oder “wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?” (Hiob 41,3)
36 Denn von ihm
und durch ihn
und zu ihm sind alle Dinge.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.
Amen:
So IST es,
SO und nicht anders.
Gottes Reichtum ist so tief, dass er unerschöpflich ist.
Seine Weisheit ist unendlich, seine Erkenntnis, also sein Wissen um den Kosmos und seine Zusammenhänge von keinem Menschen zu übertreffen, auch nicht von allen Menschen zusammen, selbst wenn sie alle Zeit dieser Welt hätten, um all ihr wissen zusammenzutragen.
Gott ist der eine, der niemanden fragen muss, sondern der weiß. Kein Mensch könnte ihm je raten.
Und Gott schuldet niemandem etwas.
Nichts und niemand hätte irgend ein RECHT darauf, von Gott etwas zu bekommen. Paulus zitiert in diesem Lobpreis aus den Büchern Jesaja und Hiob und erinnert damit: Gottes Größe ist bei denen, die mit Gott leben, unstrittig – so lange diese Erde existiert.
Damit spricht Paulus das große Geheimnis Gottes an: „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“ (V 36) übersetzt Luther. Im Griechischen steht nicht „alle Dinge“, sondern „ta panta“, wörtlich „das Alles“. Also nicht nur die Dinge, sondern ALLES, was ist zwischen Himmel und Erde. Von den Sternen bis zum Meer, vom Fisch bis zum Menschen, vom Knochen bis zu den Hormonen, von der Liebe bis zum Hass.
Alles KOMMT von Gott. Alles IST durch Gott. Alles geht ZU Gott. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Unendlichkeit, Ewigkeit. Damit versucht Paulus das Geheimnis Gottes zu UM-schreiben, weil er es nicht BE-schreiben kann. Wer könnte das auch!
O welch eine Tiefe des Reichtums!
Dieses Geheimnis zieht Menschen in seinen Bann, seit Gott ihnen begegnet.
Und das, obwohl es sich JEDER Warum-Frage entzieht, und das dauerhaft.
Und das, weil es genau genommen einfach nur DARUM sagt:
DARUM ist alles, was ist: Gott will es.
DARUM dreht sich die Erde immer noch: Gott will es.
DARUM wird für Gott niemand und nichts verloren gehen: Gott will es.
KEIN Warum, nur ein DARUM.
Weil Gott es kann.
Weil NUR Gott es kann.
Das ist sein Geheimnis. IHM sei Ehre.
Meine Schwestern, meine Brüder:
Lasst Euch die Kinder-Warum-Fragen nicht nehmen. Sie sind Ausdruck purer Neugier auf das Leben, egal wie alt oder wie weise oder wie klug man ist.
Und wem die die Sesamstraße zu amerikanisch albern ist, dem bleibt ja noch die Sendung mit der Maus. Mein katholischer Kollege, mit dem zusammen ich im Auslandseinsatz ISAF war, hat dort in Kabul sonntags nie versäumt, mit der Maus wichtige Fragen des Lebens zu erörtern wie „warum hat der Käse Löcher und der Käsekuchen nicht“. Es musste schon die Erde beben, um ihn da vor dem Fernseher weg zu bekommen – was sie dann allerdings auch tat.
Und wer sich für das alles zu erwachsen fühlt, für den bleiben Lexika, Dokumentationen oder das Internet – aber denkt dran, bei der Sendung mit der Maus kann man öfter lachen!
Doch wenn wir mit unseren Warum-Fragen an die Grenzen des Lebens, des Denkens und des Verstehens stoßen, ist da Gott.
GOTT ist es, von dem alles kommt, durch den alles ist, zu dem alles geht. Das ist das Geheimnis Gottes.
Und seit Tausenden Jahren, seit Abraham und Sarah Gott begegnet sind, ist es dieses Geheimnis Gottes, das uns Menschen geschaffen hat, das uns am Leben erhält und das uns niemals preisgeben wird.
Dieses Geheimnis ist es, das Menschen schon immer in den Gottesdiensten zu sehen suchen. Auch das seit tausenden Jahren, wenn auch in sich verändernden Formen. Dass Christen (wie wir vorhin im Nicänum gesprochen haben) Gott als Trinität, also als Vater, Sohn und Geist beschreiben, ist ja auch nichts weiter als der Versuch, dieses Geheimnis Gottes zu beschreiben und zu bewahren. Für uns selbst und die, die nach uns kommen.
Denn am Ende unserer Warum-Fragen, wenn wir selbst keinen Ausweg mehr sehen, wenn wir mit unserem Antwort-Latein am Ende sind, wenn der Tod dem Leben die Freude nimmt:
So lange diese Welt sich dreht,
sind die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
das große DARUM Gottes.
Das Woher, das Wodurch und das Ziel unseres Seins.
DAS ist das Geheimnis Gottes,
und dieses Geheimnis rettet uns Lebensfreude
und bewahrt vor dem Tod.
AMEN