Nicht nur sauber – alles rein (Apg 10 21-36)

Nicht nur wenige,
sondern alle.
Nicht nur hier,
sondern überall.
Nicht nur etwas,
sondern alles.
Gottes Liebe –
das Heil in Zeit und Ewigkeit.

Es werden kommen von Osten und von Westen,
von Norden und von Süden,
die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.
Lukas 13,29
***
Kornelius.
Petrus.
Und schließlich wir.

Die Geschichte vom Soldaten und Apostel solltet ihr zuhause ganz nachlesen, eine Bibel steht ja irgendwo in eurer Wohnung. Apostelgeschichte 10, die Stelle merkt sich leicht.
Den anderen Teil, also den von und mit uns heute, den schreibt das Leben. Dazu muss man nur Augen und Herz offenhalten.
Als Predigttext zuerst aber die Verse 21-36:

21 Da stieg Petrus hinab zu den Männern und sprach: Siehe, ich bin’s, den ihr sucht; aus welchem Grund seid ihr hier? 22 Sie aber sprachen: Der Hauptmann Kornelius, ein frommer und gottesfürchtiger Mann mit gutem Ruf bei dem ganzen Volk der Juden, hat einen Befehl empfangen von einem heiligen Engel, dass er dich sollte holen lassen in sein Haus und hören, was du zu sagen hast. 23 Da rief er sie herein und beherbergte sie.
Am nächsten Tag machte er sich auf und zog mit ihnen, und einige Brüder aus Joppe gingen mit ihm.

24 Und am folgenden Tag kam er nach Cäsarea. Kornelius aber wartete auf sie und hatte seine Verwandten und nächsten Freunde zusammengerufen. 25 Und als Petrus hereinkam, ging ihm Kornelius entgegen und fiel ihm zu Füßen und betete ihn an. 26 Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf, auch ich bin ein Mensch. 27 Und während er mit ihm redete, ging er hinein und fand viele, die zusammengekommen waren. 28 Und er sprach zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen gemein oder unrein nennen soll. 29 Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich geholt wurde. So frage ich euch nun, warum ihr mich habt holen lassen.

30 Kornelius sprach: Vor vier Tagen um diese Zeit betete ich um die neunte Stunde in meinem Hause. Und siehe, da stand ein Mann vor mir in einem leuchtenden Gewand 31 und sprach: Kornelius, dein Gebet ist erhört und deiner Almosen ist gedacht worden vor Gott. 32 So sende nun nach Joppe und lass herrufen Simon mit dem Beinamen Petrus, der zu Gast ist im Hause des Gerbers Simon am Meer. 33 Da sandte ich sofort zu dir; und du hast recht getan, dass du gekommen bist. Nun sind wir alle hier vor Gott zugegen, um alles zu hören, was dir vom Herrn befohlen ist.
34 Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; 35 sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm.  36 Er hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, 
welcher ist Herr über alles.

KORNELIUS, ein römischer Offizier. Soldat der Weltmacht Rom. Keine ganz kleine Einheit, die da unter seinem Befehl steht. Es sollen an die 400 Soldaten gewesen sein. Heutzutage hierzulande sind Kompanien meist wesentlich kleiner. WENN sie so groß sind, liegt ihre Leitung dann meist nicht mehr bei einem Hauptmann, sondern schon in der Hand eines Major-Dienstgrades.

Kornelius hat römisches Bürgerrecht. Das war damals viel wert, etwa so viel wie die deutsche Staatsbürgerschaft für einen Asylbewerber heute. Er lebte mit seinem Haushalt und seinen Verwandten in Cäsarea.

Daraus schließt man, dass er das Bürgerrecht nicht durch seine Geburt hatte, sondern nachträglich gewann. Etwa durch die Tatsache, dass er als Sklave so große Achtung bei seinem römischen Herrn gewann, dass der ihm Freiheit und Bürgerrecht schenkte. So war er wahrscheinlich ein Orientale in den Diensten Roms und hatte es zu etwas gebracht.

PETRUS:
Ohne die Erfahrung seiner BERUFUNG wäre er ein einfacher galiläischer Fischer gewesen. Aber durch die Berufung wurde er Jünger Jesu. Sogar Wortführer der Zwölf. Er war persönlich Zeuge der Auferstehung Jesu und ein wichtiger Mann in der jungen Christenheit, für die römische Kirche der wichtigste schlechthin.

In jedem Falle hatte er tiefgehende jüdische Wurzeln. Er wusste, dass diese Wurzeln hunderte Jahre alt waren und ihn in den Wirren seines Lebens hielten. Schon darum waren sie ihm wichtig, er würde sie um keinen Preis der Welt verlieren wollen.

WIR:
Wir sehen die beiden von ferne. Da sind viele hundert Jahre zwischen uns und der Zeit des Kornelius und Petrus. Uns ist es fremd, dass sich ein Reich als Weltreich betrachtete, obwohl es nur die Länder rund um das Mittelmeer umfasste. China war unendlich weit weg, Spanien das Ende der Welt. Und von Amerika oder Australien hatten die Menschen im „Weltreich“ noch nicht einmal eine Ahnung.

Auf Petrus sehen wir meist mit Hochachtung. Weil er Familie und Beruf hintenanstellte, nur um das Leben des Wanderpredigers Jesus zu teilen. Ein Mann, dessen Glauben ihn über das Wasser gehen ließ, dessen Kleinglauben aber nicht einmal vor Verleugnung haltmachte. Der aber seine zweite Berufung durch den Auferstandenen annahm und dann mit ganzer Kraft für die Sache Jesu arbeitete. Er ist den meisten darum menschlich nahe.

Mit dem Soldaten haben es viele da schon schwerer. Sein Beruf steht bei ihnen nicht hoch im Kurs. Und die Tatsache, dass er Diener einer Besatzungsmacht war, kommt erschwerend hinzu.

Gerade viele „gelernte DDR- Bürger“ fühlen sich auch gut 30 Jahre nach der „Wende“ unwohl, wenn sie einem Soldaten begegnen. So unwohl, dass Soldaten selbst auf Kirchentags- Podien mit Eiern beworfen werden. Verbalen und echten. Da ändert auch nichts, dass sich die Beworfene selbst als Christ bezeichnen.

KORNELIUS.
Er ist Soldat, und GERADE als Soldat ein religiös Suchender. Gewalt und Gegengewalt, Tod und Leben sind ihm tägliche Begleiter. Von seinen Entscheidungen hängen Menschenleben ab. Er sucht Entscheidungshilfe. Maßstäbe für Gewissen und Lebenssinn.

Er hat erfahren: Die Juden glauben an einen unendlichen und ewigen Gott, größer als alles, was gedacht oder verstanden werden kann. Das zieht viele an, Griechen und Römer gleichermaßen. Kornelius sieht, dass ein Leben mit diesem Gott vielen Menschen einen Halt und eine Lebens- Orientierung gibt, die in der Welt damals ihresgleichen nicht hat.

Darum ist er ein Sympathisant des Judentums. Und er ist das nicht heimlich, sondern offen, was ihm schließlich die Sympathie der in Cäsarea lebenden Juden eingebracht hat.

Mit den offenen Augen des Herzens begegnet er darum einem Boten Gottes. Der Engel empfiehlt, Kontakt mit einem gewissen Petrus zu suchen. Der könne ihn in Fragen des Glaubens entscheidend weiterbringen.

PETRUS.
Bis vor kurzem hätte er es schlicht abgelehnt, mit Nichtjuden zu verkehren. Seine Wurzeln verbieten ihm das. Er würde seine rituelle Reinheit verlieren, vom Glaubensleben der Mütter und Väter ausgeschlossen sein.

Da plagen ihn mitten am Tag schlimme Träume. Er hat Hunger, und vom Himmel wird ihm ein leinenes Tuch heruntergereicht. „Darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels. Und es geschah eine Stimme zu ihm: Steh auf, Petrus, schlachte und iss!“

Petrus bricht der kalte Schweiß aus. Kein Hunger der Welt würde ihn dazu bringen können, DIESE Tiere zu essen. Er wehrt er sich: „O nein, Herr; denn ich habe noch nie etwas Verbotenes und Unreines gegessen.“  Doch die Stimme vom Himmel bleibt beharrlich: „Was Gott rein GEMACHT hat, das nenne du nicht verboten.“

Drei Mal hat er diesen Traum. Mitten am Tage. Jetzt ist er hellwach und versucht zu verstehen. Ratlos schüttelt er den Kopf. In diesem Moment kommen Fremde in das Haus. Fragen, ob hier ein Simon Petrus zu Gast sei und ob sie ihn sprechen könnten. Und Petrus hört von ihnen das Ansinnen eines römischen Soldaten: Komm in mein Haus, predige uns. Erzähl uns von deinem Glauben.

Das kam nicht vor in den Plänen des Petrus. Das kam nicht vor in seiner Weltanschauung. Das drohte seine Wurzeln zu zerreißen. Petrus wird heiß und kalt. Die Angst vor dem Fremden.

WIR.
Traditionen sind für viele auch heute von großer Bedeutung. Selbst für die, die es ungern zugeben. Die wirft man nicht einfach über Bord. Sie haben uns unsere Lebensregeln finden lassen, nach denen wir leben. GUT leben. Gegen diese Regeln verstößt man nicht ungestraft.

Selbst in der Kirche. Wer zur Gemeinde gehört, geht regelmäßig in den Gottesdienst. Sicher ist alle Jahre wieder am 24. Dezember auch eine Regel. Aber die ist nicht gemeint. Kirchensteuer zahlen allein reicht nicht, wenn man hier etwas gelten will.

Wer zur Gemeinde gehört, hält sich an die richtigen Regeln. Ungeschrieben zumeist, aber darum nicht weniger Gesetz. Die Hausordnung eben. Wer ANDERS über Glauben denkt, anders seinen Glauben versteht, anders seinen Glauben lebt, gar sein Bekenntnis anders spricht, soll draußen bleiben.

ANDERS ist nämlich fremd, und fremd ist ganz sicher keine Tradition, bringt Unordnung. ANDERS kommt in den Plänen vieler in Gesellschaft und Kirche genauso wenig vor wie der Fremde Kornelius in den Plänen des Juden Petrus.

PETRUS.
Mitten in seinen unausgesprochenen Widerspruch sickert jetzt die Erinnerung an die Stimme aus seinem Traum: Was Gott rein gemacht hat, das nenne du nicht verboten!

Da begreift er, dass Gott SCHON wieder seine Pläne durchkreuzt hat. Wie schon so oft in seinem Leben. Nein: WENN Gott diese Welt geschaffen hat und ALLES, was ist – dann kann es auch NICHTS auf dieser Welt geben, was unrein ist.

Also macht Petrus sich auf. Nach einer Tagesreise findet er viele Menschen versammelt und erklärt sich. Ihr wisst, dass ich eigentlich nicht hier sein dürfte. Denn ich bin Jude. Aber ich habe mich von Gott überreden lassen. Nun bin ich hier: Was wollt ihr von mir?

KORNELIUS.
Auch er erklärt sich. Erzählt von dem Gottesboten in leuchtendem Gewand, der während des Gebetes zu ihm kam. Ihn zu Petrus schicken ließ. Und nun wollen sie alle hören, was Petrus ihnen von Gott zu sagen hätte.

PETRUS.
Jetzt weiß er, dass er alles richtig gemacht hat, als er sich gegen alle Regel auf den Weg machte. Dass er hier ist, weil Gott es so will. Ihm fällt ein Stein vom Herzen, er sagt: „Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm. Er hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über ALLES.“

Dann bekennt und erklärt er seinen Glauben an Jesus Christus. Da geschieht Unfassbares: Der Geist Gottes erfüllt den Raum. Jeder spürt das. Die mit Petrus mitgereisten Juden sind fassungslos: Fällt Gottes Geist jetzt tatsächlich auch auf Heiden?

KORNELIUS.
Er wird aus seinem Leben herausgerissen. Der Geist Gottes nimmt sein Leben gefangen. Er spürt, dass er sich jetzt endlich entscheiden kann. Mit alten Regeln brechen, ein neues Leben beginnen. Die Vergebung des Kreuzes, die Freiheit des Ostertages: Das will er für sich. Jetzt. Petrus, taufe mich.

PETRUS.
Er hört die Bitte. Er hört viele Bitten. Taufe mich, taufe uns. Seinen jüdischen Gefährten stockt der Atem.
Doch Petrus spürt, dass Gott die Sache zu Ende bringen will. Er ruft: „„Kann irgend jemand denen das Wasser zur Taufe verwehren, die den heiligen Geist empfangen haben ebenso wie wir?“ Und er befahl, sie zu taufen in dem Namen Jesu Christi.“

Und noch einmal WIR, meine Schwestern, meine Brüder:

MANCHER von uns wird spüren, dass er selbst Erbe ist. Erbe dieser Taufe des Heiden Kornelius. Aber sicher gilt für ALLE hier: Wir stehen hunderte Jahre danach da und freuen uns. Das ist eine Apostel-Geschichte, die Menschen bewegt. Damals UND heute.

Nicht nur, weil auch wir gern dabei sein würden, wenn so etwas heute geschieht. Sondern auch, weil Gottes Geist uns die Augen öffnet für UNSERE Lebensgemeinschaft. Denn es ist egal, ob jemand damals oder heute zu wissen meint, was „geht und was nicht geht“: Der versucht, DIE Spielregeln umzuschreiben, die Gott selbst für dieses Leben geschrieben hat.

Welche sind das aber? Kommen die zehn Gebote von Gott? Kommen die Reinheits- und Speisegebote von Gott? Mache ich etwas falsch, wenn ich alles richtig machen will? Wer kann das alles wirklich genau wissen?

Gott ändert Menschen, indem er sie liebt. Das predigt und lebt Jesus Christus. Gott nimmt JEDEN Menschen an – trotz allem. NIEMAND kann ein Leben ohne Fehler leben. Kein Verbrecher, leider aber auch kein Heiliger. Gottes Liebe aber kann JEDEN Menschen ändern.

Denn wer sich – endlich und trotz allem – geliebt weiß, wird wirklich frei.
Der wird seines Lebens FROH
und des ewigen Lebens GEWISS.
Nicht einmal der Tod kann ihn dann mehr schrecken.
Wer auf das Kreuz Jesu sieht,
der KANN das entdecken,
wenn die Augen seines Herzens offen sind.

Und der nimmt dann die Regeln und Gesetze NICHT als unumstößlich.
Er begreift sie als Weisheit Gottes, die das Leben hier gelingen lassen kann. Unsere Zeit hier in diesem Leben bis zur Erfüllung der Gerechtigkeit, die allein von Gott kommt und die uns nur – aus Liebe! -geschenkt werden kann.
Dann sind all diese Haus- und Lebensordnungen das,
was sie sein sollen und müssen: Hilfsmittel zur Liebe.

Gottes Liebe hat Petrus verändert, sie hat Kornelius verändert, und sie ist so stark, dass sie auch uns verändert. Und uns zu Taten der Liebe leitet.

Wie die aussehen?
Aufrichtiges Entsetzen morgen,
am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, angesichts dessen, was in UNSEREN Wurzeln noch alles stecken mag?
Ein Schrei des Zorns,
wenn wieder einer eine Wand mit Graffitis besprüht?
Eine Spende für die Erdbebenopfer in der Türkei?
Ein Kuss, der einen anderen Menschen glücklich macht?

Das müssen wir selbst herausfinden.
Gott hat keinen Gesetzeskatalog dafür geschrieben.
Aber:
Die Liebe Gottes,
die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes –
sie werden auch uns
Wege aus der Angst in die Liebe zeigen.
Wege, die aus allem Fremden
Gottes Schöpfung werden lassen.
AMEN

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