Der Schlüssel (1 Kor 2 12-16)

Der komplette Gottesdienst zum Nachhören ist für vierzehn Tage hier zu finden.

Am Geist Gottes „SCHEIDEN sich die Geister“.
Er lässt erkennen, „wes Geistes Kind“ WIR sind,
er bestärkt, er ermutigt, er konfirmiert uns.

PFINGSTEN:
Die große Gemeinschaft der Heiligen feiert
sie ist begeistert
vom Wort Gottes, dass Herzen entzündet
und das Leben wandelt
in ewiges Leben

Es soll nicht durch Heer oder Kraft,
sondern durch meinen Geist geschehen,
spricht der HERR Zebaoth.
Sacharja 4 Vers 6
***

GEIST.
(Geister) „ sind unphysikalische Felder, die bei der Quantisierung von Eichtheorien im Pfadintegralformalismus auftreten. Sie sind Relikte der mathematischen Behandlung der nicht-abelschen Eichtheorien.

Im Pfadintegral wird über alle Vektorpotentiale integriert, also auch über solche, die wegen der Eichfreiheit äquivalent sind. Dies wird … durch Einführung neuer skalarer Felder, der Geister, wieder kompensiert. Diese tauchen nur in geschlossenen Schleifen der Feynman-Diagramme auf, wo sie den Beitrag der überzähligen Freiheitsgrade der Vektorpotentiale aufheben…“

So nachzulesen im Online-Lexikon Wikipedia, siehe Faddejew-Popow-Geister.
Hat irgendjemand verstanden, worum es hier geht?

Wer verstanden hat, worum es hier geht, muss einen Schlüssel haben: Den Schlüssel zum Verstehen. Wer den hier nicht hat, dem wird es so gegangen sein wie mir: Ich habe nur „Bahnhof“ verstanden. Also rein gar nichts.

Hätte ich aber einen Schlüssel zum Entschlüsseln, also zum Aufschließen, dann hätte ich verstehen können, worum es geht: Nämlich um eine Rechengröße in der Quantenfeldtheorie. Ohne diesen Schlüssel aber gehen diese Worte an mir vorüber, ohne dass ich irgendetwas verstehe.

Und das, obwohl sie in meiner Muttersprache geschrieben stehen. Da helfen mir auch meine zwölf Semester Theologiestudium keinen Zentimeter weiter.

GEIST.
So ein Schlüssel ist zu Pfingsten vom Himmel gefallen. Ihr habt die Pfingstgeschichte nach Lukas vorhin gehört (Apg 2, 1-18): Der HEILIGE GEIST ist dieser Schlüssel. Mit ihm wird aber keine Rechengröße in der Quantenfeldtheorie entschlüsselt, sondern das Wirken Gottes.

Die vielen Menschen, die nach Jerusalem zum Feiern gekommen waren, waren aus aller Herren Länder, sprachen aller Herren Sprachen. Als aber der Heilige Geist vom Himmel fiel, konnten sie plötzlich verstehen, was die Jünger Jesu redeten.

Außer sich vor Staunen riefen sie: „Die Leute, die da reden, sind doch alle aus Galiläa! Wie kommt es, dass jeder von uns sie in seiner Muttersprache reden hört? … wir alle hören sie in unserer eigenen Sprache die großen Taten Gottes verkünden!“ (V 7-11)

DIE hatten den Schlüssel zum Entschlüsseln also gefunden. Andere aber offenbar nicht: „Sie machten sich darüber lustig und meinten: »Die Leute sind doch betrunken!«“ (V13)

Und Petrus, der Sprecher der Jüngerschaft, versucht das zu erklären und hält eine Predigt: „Lasst euch erklären, was hier vorgeht; hört mich an! Die Leute hier sind nicht betrunken, wie ihr meint; es ist ja erst neun Uhr früh. Nein, hier geschieht, was Gott durch den Propheten Joël angekündigt hat:

Wenn die letzte Zeit anbricht, sagt Gott, dann gieße ich über alle Menschen meinen Geist aus.“ (V 14-17)

Ob das Argument, hier sei niemand betrunken, weil es ja noch früher Vormittag sei, jemanden überzeugt hat, wage ich zu bezweifeln. Denn wer eine Nacht lang durchgefeiert hat, ist am nächsten Morgen nicht unbedingt wieder nüchtern. Ich wohne in der Ritterstraße neben dem Altstadt-Pub und weiß, wovon ich rede.

Aber was Petrus dann über den Propheten Joël und den Geist Gottes zu sagen wusste, traf die Menschen offenbar mitten ins Herz: Dreitausend Menschen kamen an diesem Tag zur Gemeinde dazu, erzählt Lukas, ließen sich taufen und empfingen dabei jeder einen Schlüssel zum Entschlüsseln – den Heiligen Geist (V 38.41).

Nun hat der Geist Gottes mit den Faddejew-Popow-Geistern ganz offenbar recht wenig zu tun. Eine Gemeinsamkeit allerdings haben sie denn doch: Beide machen ihre Besitzer*innen zu Fachleuten. Die einen im Fach Quantenfeldtheorie, die anderen im Fach Theologie.

Aber anders als einen Schlüssel, mit dem ich eine Zimmertür auf- oder zuschließe, kann man die Geist-Schlüssel weder in die Hand nehmen noch sehen oder hören. Das führt dazu, dass nicht jeder Mensch solche Schlüssel findet. Ich habe jedenfalls den Geist der Quantenfeldtheorie noch nicht gefunden.

Manch einer glaubt gar, dass die Geist-Schlüssel gar nicht existieren. Die Jerusalembesucher, die das Pfingstrauschen und das Sprachwunder auf übermäßigen Weingenuss zurückführen, glauben das offenbar.

Und dann gibt es natürlich auch noch solche, die den Schlüssel verloren haben und danach suchen. Besonders schwierig, da er ja nicht zu sehen ist. Das scheint nicht wenigen Gemeindegliedern in Korinth so zu gehen, an die Paulus deswegen den ersten Korintherbrief schreibt.

Darum versucht Paulus, den Schlüssel näher zu beschreiben, ich lese aus unserem Predigttext für heute einfach nur den ersten Vers, also aus Kapitel 2 Vers 12, denn der sagt schon das Wichtigste:

II: 12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. :II

Geist der Welt – Geist aus Gott – Geschenke Gottes

GEIST DER WELT:
Für Paulus ist das der Geist, der mit dem Geist Gottes nichts anzufangen vermag. Der glaubt, dass er gar nicht existiert. Der Menschen dazu bringt, Gottes Worte und Gottes Taten beiseitezuschieben, ja die Existenz Gottes grundsätzlich zu bestreiten. Die Jesus Christus bestenfalls als Gutmenschen sehen wollen, ganz sicher aber nicht als Gottessohn oder gar Gott selbst. Für die die gute Botschaft vom Heil durch Christus einfach nur „Torheit“ ist – Torheit, genau so nennt Paulus das kurz später in Vers 14.

Kennen wir diesen Geist der Welt nicht alle selbst? Ich habe auf meiner Werkzeugbox hinten am Motorrad einen Fisch aufgeklebt. Auf einem Parkplatz an einem Imbiss, auf dem viele Motorräder standen, sprach mich ein Biker an.

Nach einem lockeren Gespräch bei Bockwurst und Brot fragte er irgendwann mit Blick auf den Fisch, ob ich unter die Angler gegangen sei? Dazu sei das Motorrad doch zu groß und unpraktisch.

Geduldig erklärte ich meinen Fisch als Symbolwort Ichtys, übersetzt Jesus Christus Sohn Gottes Retter. Ob ich daran wirklich glauben würde? Ja, ich würde sogar für die Kirche Arbeiten, ich wäre Pfarrer von Beruf.

Das erstaunte mein Gegenüber nun wirklich, einen Pfarrer hatte er wohl nicht auf einem Motorrad erwartet. Kopfschüttelnd meine er: Wirklich? Du bist doch ein Mann von Welt …

Dieses „Mann von Welt“ spukt mir seitdem öfter mal im Kopf herum. Was ist das eigentlich? Menschen von Welt – das sind wir doch schließlich alle. Wir sind alle auf diese Welt geboren worden, sind eigentlich alle Kinder, Frauen und Männer „von Welt“.

Aber so, wie der Biker das sagte, meinte er eher, ich sei doch jemand, der mitten im Leben stehen würde – da könnte ich doch wohl kaum noch an Gott glauben.

Ja, den Geist der Welt kennen wir alle:
Der Zeit – Geist, der alles fassbar zu erklären sucht.
Der für Unsinnig hält, was seine Sinne nicht erfassen können.
Der das versteht, was er in die Fächer seiner eigenen Gedanken einsortieren kann.
Der Geist, der zum Beispiel die Liebe auf die Ausschüttung von Hormonen reduziert, und den Gottesgedanken auf eine Notlösung von Menschen des Altertums, die sich anders nicht hätten erklären können, wo Blitz und Donner herkommen.
Dieser Geist der Welt ist nicht der Schlüssel zu Gott.

GEIST AUS GOTT:
Der Schlüssel zu Gott ist vielmehr der „Geist aus Gott“, der Heilige Geist. Lukas hat ihn ein einem für mich immer wieder genialen Bild beschrieben: Da, wo der Heilige Geist aufschließt, kann jeder Mensch in seiner „Muttersprache“ von den großen Taten Gottes hören.

Mit „Muttersprache“ meint Lukas dabei mehr als „deutsch“ für uns hier. Zur Sprache seiner Mutter hat der Mensch eine ganz besondere Beziehung. Stimmlage, Emotionen und Klang nimmt er bereits während der Schwangerschaft auf, also bevor er geboren wird.

Und darum ist es oft so, dass ein Mensch seine Mutter später besonders gut verstehen kann, weil er nicht nur Worte, sondern auch Stimmlage und Emotionen seiner Mutter besser versteht als die von anderen Menschen.

Die anderen Menschen versteht er manchmal gar nicht, obwohl sie deutsch sprechen – so wie ich die Definition der Rechengröße in der Quantenfeldtheorie nicht verstanden habe.
Wo aber der Heilige Geist wirkt, kann der Mensch Gott nahe kommen, sein Wort verstehen, ihm nachfühlen, die Welt durch Gottes Augen sehen.

GESCHENKE GOTTES:
Paulus beschreibt den Geist Gottes ähnlich, ebenfalls anhand seiner Wirkung: „damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist“. Wo der Geist Gottes wirkt, erkennt der Mensch die Schöpfung, die Geschöpfe und sich selbst als ein solches Geschenk.

Er beginnt zu verstehen, dass das Kreuz Jesu Christi der Schlüssel zu unserer Erlösung ist. Er beginnt auch zu verstehen, wie wenig er verstehen kann. Dazu zitiert Paulus in Vers 16 den Propheten Jesaja: “wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen”?

Und er beginnt zu verstehen, welchen Sinn sein Leben haben soll.
Dazu schreibt Paulus das „Hohelied der Liebe“ in Kapitel 13. Wo der Heilige Geist wirkt, wird die Liebe als Königsweg des Lebens erkannt, da versucht der Mensch alles, Liebe zu verstehen, Liebe zu erlernen, Liebe zu leben.

Meine Schwestern, meine Brüder:

II: 12 Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. :II

Der Heilige Geist, der Geist Gottes ist der Schlüssel, der uns sowohl die Tür zu Gott als auch zu einem Leben aufschließt. Ein Leben, in dem wir alle ohne Scheu und Angst lieben könnten. Gott, den Nächsten, uns selbst. In dem wir die Größe des Menschen neben uns entdecken und die Größe Gottes, dessen Wort genügte, all das zu schaffen, was wir sind und haben.

Pfingsten feiert das Wunder, das wir diesen Schlüssel für unseren Lebensweg geschenkt bekommen –
über alle Grenzen unserer Sprache
unseres Verstandes
unserer Welt hinaus.

Das macht jede und jeden von uns zu Spezialisten in Fragen unseres Glaubens. Denn jede und jeder von uns
kann sie erkennen:

Die Liebe Gottes,
die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes.
Sie sind der Schlüssel unseres Lebens. AMEN

 

 

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