Das gute Ende (Lk 21 und EG 16)

Advent
zwischen den Adventen
Advent war
als das Wort Fleisch war
und unter uns wohnte
Advent wird
wenn ER die Himmel zerreißt
alle Welt erlöst
Advent zwischen den Adventen
Bewahrung der Sehnsucht
Blick auf den offenen Himmel
Seht auf und erhebt eure Häupter,
weil sich eure Erlösung naht.
Lukas 21,28
***

EVANGELIENLESUNG für den 2. Advent ist ein Abschnitt
aus dem 21. Kapitel nach Lukas ab Vers 25.
Jesus sagte seinen Jüngern:
25 »An Sonne, Mond und Sternen werden Zeichen zu sehen sein,
und die Völker auf der Erde werden in Angst und Schrecken geraten und weder aus noch ein wissen vor den tobenden Wellen des Meeres.
26 Die Menschen werden vergehen vor Angst und vor banger Erwartung dessen, was noch alles über die Erde kommen wird; denn sogar ›die Kräfte des Himmels werden aus dem Gleichgewicht geraten‹.
27 Und dann werden sie den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.
28 Wenn diese Dinge zu geschehen beginnen,
richtet euch auf und fasst Mut, denn dann ist eure Erlösung nahe.«
29 Jesus gebrauchte einen Vergleich; er sagte:
»Seht euch den Feigenbaum an, oder nehmt irgendeinen anderen Baum.
30 Wenn sie ausschlagen, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.
31 Genauso ist es, wenn ihr seht, dass jene Dinge geschehen:
Dann wisst ihr, dass das Reich Gottes nahe ist.
32 Ich sage euch: …
33 Himmel und Erde werden vergehen,
aber meine Worte werden nicht vergehen.«

Zweiter Advent, und wieder spielt das Ende der Welt eine Rolle in unserem Gottesdienst. Ging es am ersten Advent um das Buch mit den sieben Siegeln, hörten wir heute von den Zeichen des Weltuntergangs (Lk 21, 25ff).

Das Buch mit den sieben Siegeln erwies sich als Buch der Sehnsucht der Menschheit. Birgt es doch den Plan Gottes für das Universum und die Menschheit und damit die Antworten auf jedes WARUM, das Menschen je fragten, fragen oder fragen werden. Wer sehen kann, was sich hinter den sieben Siegeln verbirgt, wird verstehen können- endlich.

Dass an Gottes gutem Ende das Erkennen aller Menschen stehen wird, alles Unrecht beendet und all das, was uns heute den Schlaf raubt, nicht mehr sein soll: Diese Sicht auf den letzten Advent hat etwas Lohnendes, Tröstliches.

Aber über das Weltende, also den Untergang auch all dessen, was wir schätzen oder lieben: Darüber redet man heute bestenfalls im Scherz.

Der Chef der derzeit immer noch wichtigsten Softwarefirma, Satya Nadella, der amerikanische Präsident Trump und der chinesische Präsident Xi Jingping werden zu Gott befohlen.
Dort erfahren sie: Am nächsten Freitag wird der jüngste Tag sein. Richtet eure Untergebenen darauf ein!

Xi kommt nach China: Zwei schlechte Nachrichten- Gott gibt es wirklich und am Freitag Welt geht unter
Trump in die USA – 1 gute, 1 schlechte: Gott gibt es wirklich /Freitag schon ist das jüngste Gericht!
Nadella in den Vorstand von Microsoft: 2 gute Nachrichten: Gott gibt es wirklich / Das Problem mit Appel löst sich von alleine!

Drei nicht ganz so ernste Sichten auf das Weltende. Das kann man anhören, egal ob man darüber lacht oder nicht. Aber „die Völker auf der Erde werden in Angst und Schrecken geraten“, „die Menschen werden vergehen vor Angst und vor banger Erwartung dessen, was noch alles über die Erde kommen wird; denn sogar ›die Kräfte des Himmels werden aus dem Gleichgewicht geraten‹“?

Ist das nicht wie der Sektenprediger aus der Fußgängerzone, der sich auf eine umgedrehte Holzkiste stellt und die Passanten beschimpft? Wie eine Schreckenspredigt aus dem Mittelalter, das wir längst überwunden haben? Machen die meisten nicht schon deshalb um apokalyptische Texte einen großen Bogen, weil Menschen mit „Heulen und Zähneklappern in der Hölle“ nichts mehr am Hut haben?

Natürlich: So wissenschaftsgläubig sind wir wahrscheinlich alle, dass wir den astronomischen Vorhersagen des Weltuntergangs trauen. Irgendwann wird die Sonne ihre kritische Masse erreichen. Sie wird sich zunächst aufblähen und danach als weißer Zwergstern langsam verglühen.

Aber nicht heute oder morgen, sondern in 7,6 Milliarden Jahren.
Keiner von uns lebt ewig, niemand von uns wird das erleben, auch unsere Ur-Ur-Urenkel nicht. Wozu da also auf die Vorzeichen sehen? Warum im Advent auf das Weltende sehen?

Wir wären keine Realisten,  würden wir die Augen vor dem Leben verschießen, wenn wir Dunkelheit und Ende, Leid und Tod verdrängen. Sie beeinflussen die Frage nach dem Sinn unseres Lebens, darum müssen wir uns ihnen stellen. Darum spricht der Advent nicht nur über die Ankunft Gottes als Kind in der Krippe, sondern genau so auch über die Ankunft Gottes am Ende aller Zeit.

Wenn das Buch mit den sieben Siegeln geöffnet werden wird, wird auf dieser Welt nichts mehr so sein wie es uns heute vertraut ist. Das Ende dieser Welt, wie wir sie kennen, WIRD sein – ob uns das nun passt oder nicht.

Genau dieses Ende aber setzt aller Unruhe, aller Lebensangst und jeder Alltagssorge ihren Schlusspunkt. Und der Advent sagt: Einen positiven Punkt, ein gutes Ende. Keine Sorge, denn Gott KOMMT. „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!“ Erlösung- kein Grund zur Furcht, sondern zur Freude.

Dazu bedient der Advent sich starker Symbole: Wir feiern Advent in der Zeit des Jahres, in der die Tage immer kürzer, die Nächte immer länger werden. Dunkelheit ist schon immer Symbol für Untergang, für Sorgen, Angst oder Gewalt, den großen Bedrohungen für ein helles, farbenfrohes Leben.

Und je dunkler die Wochen werden, desto mehr Kerzen werden am Adventskranz entzündet, bis am Ende ein Lichtermeer an den Weihnachtsbäumen brennt. Adventzeit bringt Licht in das Dunkel, neue Hoffnung in die Hoffnungslosigkeit.

Licht ins Dunkel: Davon singt die erste Strophe eines Adventsliedes aus dem vergangenen Jahrhundert, genauer vom Ende der dreißiger Jahre, die ja gerade NICHT zu den hellsten des zweiten Jahrtausends gehörten. Jochen Klepper hat es geschrieben:

Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern.
Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein:
Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein!
1. STROPHE, EG Nr. 16

Die Nacht wird ein Ende haben. Der Morgenstern kündigt es an. Auch wenn es im Augenblick dunkel ist: Dem Morgenstern folgen Dämmerung und der Aufgang der Sonne. Finsternis wird dem Licht des Tages weichen müssen.

Ähnlich im Tagesevangelium. Auch wenn das Ende der Welt unausweichlich ist: Der Menschensohn wird wiederkommen. Der, dessen Geburt als Kind in der Krippe zu Weihnachten gefeiert werden wird. „ Wenn diese Dinge zu geschehen beginnen, richtet euch auf und fasst Mut, denn dann ist eure Erlösung nahe.“

Selbst die denkbar dunkelste Zeit des Lebens ist für jemanden, der sich auf Gott verlässt, nicht hoffnungslos. Davon spricht Jesus, davon singt dieses Lied. Selbst das Ende der Welt ist nicht das Ende unserer Zukunft, sondern der Anfang einer neuen Epoche mit Gott.

Woher aber nehmen wir diese Zuversicht – gegen alle menschliche Vernunft? Aus der Tatsache, dass Gott uns bereits gezeigt hat, wer er ist. Er hat es Abraham und Sarah, Mose oder Jesaja gezeigt. Für uns hat er es hat Weihnachten werden lassen.

Die Herrscher DIESER Welt haben immer wieder ihre Leute in Krieg und Unheil gebracht. Gott, Herrscher der Welt und der Zeit, begleitet sein Volk durch das finstere Tal, kommt zu Weihnachten auf diese Welt und lässt sich selbst um dieses Leben bringen, um uns Menschen zu retten. Unsere Rettung ist das Kind in der Krippe. Davon spricht Strophe zwei.

Dem alle Engel dienen, wird nun ein Kind und Knecht.
Gott selber ist erschienen zur Sühne für sein Recht.
Wer schuldig ist auf Erden, verhüll nicht mehr sein Haupt:
Er soll errettet werden, wenn er dem Kinde glaubt.
STROPHE 2

Auch wenn wir alle davon ausgehen, dass sich diese Welt noch unvorstellbar lange drehen wird (wer kann sich 7,6 Milliarden Jahre vorstellen?): Die Bedrohung der menschlichen Existenz beginnt nicht erst am letzten Tag dieser Welt.

Sie ist schon da, wo heute Rohingya vertrieben werden, nach Israel Raketen fliegen, Kampfjets Gegenangriffe durchführen. Wo die eigene Existenz durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder den Tod direkt neben dir aus den Angeln gehoben zu werden droht. Bedrohung des Lebens gibt es nicht erst am letzten Tag. Hölle gibt es nicht erst nach dem jüngsten Gericht.

Die Rettung vor allem Untergehen kommt von dem, der Himmel und Erde gemacht hat, dem alle Engel dienen und der als wehrloser Säugling auf diese Welt kam.

Dass der Mensch des Menschen Teufel ist, hat auch Jochen Klepper, der Dichter unseres Liedes, erleben müssen. Er hat, verheiratet mit einer Jüdin, 1942 dem Leben seiner ganzen Familie, auch seinem Leben, ein Ende gesetzt. War es für ihn doch die einzig erkennbare Möglichkeit, seine Familie dem Zugriff der Nazis zu entziehen.

Man mag darüber streiten, ob dieser Weg richtig oder falsch war.
Mancher mag auch zweifeln, ob Jochen Klepper eigentlich ernst meinte, was er in diesem Adventslied schrieb. Doch wer die vierte Strophe liest, wird in ihr die Wahrheit Gottes finden:

Noch manche Nacht wir fallen auf Menschenleid und – schuld.
Doch: Wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte hält euch kein Dunkel mehr.
Von Gottes Angesichte kam Euch die Rettung her!
STROPHE 4

Vom Erdbeben bis zum Völkermord: Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld. Aber seit Weihnachten gibt es in keinem noch so entfernten Winkel der Welt einen Ort der Gottesverlassenheit. Nicht einmal in Folter und Tod am Kreuz.

Jesus sprach vorhin in einem Beispiel: Wenn die ersten Blätter an den Bäumen zu sehen sind, dann seid Euch sicher, dass der Sommer kommt – unaufhaltbar. So sei es auch mit dem, was Euch Angst macht: Wenn ihr das erlebt, seid euch sicher, dass Gott kommt – mindestens genau so unaufhaltbar.

Dieser Advent lässt uns gewahr werden, dass es diese Zeichen auch für uns gibt. Weihnachten ist dieses Zeichen. Gott wird ganz sicher wieder kommen, weil er bereits gekommen ist. Und er wird genau als der kommen, als der er bereits gekommen ist: In Christus Jesus.

Dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!

Sicher: Die erneute Ankunft Gottes auf Erden wird seine Ankunft zum letzten Gericht sein. Jeder wird an diesem Tage Rechenschaft ablegen müssen:  Was habe ich getan, was gelassen? Und jeder kann sich sicher sein, dass Gott unsere guten Werke nicht nur sieht, sondern nach einem Blick in unsere Herzen auch weiß, warum wir sie getan haben. Das mag manchem Angst machen.

Doch Advent sieht ja nicht nur nach vorne, nicht nur auf die letzte Ankunft Gottes zum Gericht. Advent sieht auch nach hinten, und dieser Blick richtet sich auf die Ankunft Gottes zu Weihnachten.

Gott wurde Mensch, um unsere Herzen zu erreichen – als schutzbedürftiges Kind in einem Futtertrog.
Gott wurde Mensch, um unserem Leben Richtung und Rettung zu geben – Richtung durch das Leben seines Sohnes, durch sein Handeln, sein Heilen, seine Predigt, Rettung durch das Kreuz, das alle Schuld ent- Schuldbar macht.
Gott wurde Mensch, um dem Tod endgültig seinen Schrecken zu nehmen – durch das Fest seiner Auferstehung, das all unsere Vorstellungskraft, alle Grenzen dieser Welt außer Kraft setzt.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Der Advent gibt Raum und Zeit für die Frage: Warum muss es auch in diesem Jahr für dich und mich wieder Weihnachten werden? Diesen Raum und diese Zeit brauchen wir. Sonst endet das Weihnachtsfest in der Armut abgebrannter Kerzen und voller Bäuche.

Auch in diesem Jahr muss es Weihnachten werden, weil das Ende unser Leben bedroht. Und wir können unser Leben nur meistern, wenn wir uns wieder klar werden lassen, dass Weihnachten nicht nur unsere Vergangenheit ist, die 2017 Jahre her ist. Weihnachten ist unsere Zukunft. Das Ende vom Ende.

Das Ende allen Schreckens liegt in der Krippe. Das Ende aller Dunkelheit feiert das Fest der Feste. Der Weg dahin ist nicht mehr weit, seht auf und erhebt eure Häupter:

Die Nacht ist schon im Schwinden – macht Euch zum Stalle auf!
Ihr sollt das Heil dort finden, das aller Zeiten lauf
von Anfang an verkündet, seit eure Schuld geschah.
Nun hat sich euch verbündet den Gott selbst ausersah.

Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt –
als wolle er belohnen, so richtet er die Welt.
Der sich den Erdkreis baute, der lässt den Sünder nicht:
Wer hier dem Sohn vertraute kommt dort aus dem Gericht!

Der Friede des Ankunft Gottes,
der weiter reicht, als wir es uns vorstellen können,
bewahre unsere Seelen
und unser aller Leben
durch Christus, der da war, der da ist und der da kommt. AMEN

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