Für nur drei Dinge des Tages
Gott dankbar zu sein
manchmal leicht
manchmal unmöglich
Krankheit, innere Not
werden Last der Seele
Gott aber rührt den Menschen an
und fragt
willst du gesund werden
auch wenn das bedeutet
dein Leben zu ändern
Heile du mich, HERR, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen.
Jeremia 17,14
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Dass guter Rat teuer ist, weiß schon der Volksmund. Immer wieder kommt man im Leben an Punkte, an denen man nicht weiß, wie der nächste Schritt aussehen sollte. An solchen Punkten sucht man ihn dann, den Rat. Und wenn man danach fragt oder bittet, dann bekommt man ihn auch zu hören.
Die Arbeitslose hört: Die Kanzlei sucht Schreibkräfte, die Seniorenresidenz Pflegekräfte, du findest sicher etwas! Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Der Obdachlose hört: Geh zur Tafel und zur Kleiderkammer und ins Pfarrhaus! Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Die Kranke hört: Ja, ich hatte das auch, bin von Arzt zu Arzt gelaufen, dann habe ich einen Zeitungsartikel gelesen und es ausprobiert, und dann wurde es besser! Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Der Geflüchtete hört: Da gibt es jemanden, der hat gute Tipps, wie du eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen kannst. Sprache ist natürlich wichtig, und Integrationsbemühungen. Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Die Trauernde hört: Du musst dich deiner Trauer stellen und sie bearbeiten. Da gibt es auch eine Trauerberatung, die kann dir sicher helfen. Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Ich höre: Mach DAS einfach so und lass DAS einfach bleiben. Streng dich ein bisschen an, das wird schon wieder!
Aber wirklich GUTER Rat, einer, dessen Befolgung das Leben ändert, es besser macht, gar heil werden lässt: Der ist wahrlich Mangelware. Und darum auch teuer, weil bekanntlich Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen.
Doch: Selbst wirklich gute Ratschläge hört man nicht immer gern. Mein Vater ist nicht begeistert, wenn ich ihm empfehle, sein Smartphone nicht nur zu nutzen, sondern auch die Software darauf zu pflegen. Ich bin nicht begeistert, wenn meine Frau mir sagt, was ich im Beruf besser tun und lieber lassen sollte. Und meine Tochter ist sicher auch nicht begeistert, wenn ihre Eltern heute an ihrem Geburtstag mit guten Tipps für 23jährige in den Geburtstagsglückwünschen über den Tisch kommen.
Und wie ist es euch ergangen, als ihr vorhin die Lesung aus dem Epheserbrief (4, 22-32) gehört habt? Haltet euch an die Wahrheit; legt euren Zorn ab, bevor die Sonne untergeht; kein böses Wort darf über eure Lippen kommen: Auf diese Ratschläge habt ihr gerade gewartet, oder?
Die Theologen nennen solche Texte „Paränese“, was soviel wie „Ermahnung“ oder eben auch „Rat“ bedeutet. Während es im Epheserbrief aber auch noch andere Texte gibt, ist eigentlich der ganze Brief, aus dem der Predigttext für heute ist, eine einzige Ermahnung, also eine Sammlung von Ratschlägen verschiedenster Art.
So etwas gibt es ja auch im ersten Teil der Bibel, zum Beispiel das Buch der Sprüche. Bei dem gibt es ja immer wieder Theologen, die sagen, das würde eigentlich nicht in die Bibel gehören, weil es wenig Theologie und viel Volksweisheit transportiere. Sprüche 6,6: „Geh hin zur Ameise, du Fauler, und lerne von ihr…“: Ein Zuwachs an Gotteserkenntnis ist aus solchem Ratschlag wirklich kaum zu erwarten.
Das scheint das Schicksal von Weisheitsliteratur in der Bibel zu sein, zu der man auch den Jakobusbrief rechnen kann. Für zwei bedeutende Theologen mit Vornamen Martin – hier Luther und Dibelius – war dieser Brief deswegen wenig ergiebig. Luther nannte ihn „die stroherne Epistel, die Christum nicht treibet“; Dibelius sah in ihm eine Sammlung von Einzelstücken im Stil einer Streitschrift ohne inneren Zusammenhang.
Und doch hat es ein einzelner Verse aus diesem Brief zu wirklicher Weltberühmtheit gebracht, die Conditio Jacobaea nämlich, der jakobäische Vorbehalt „so Gott will und wir leben werden wir dies oder das tun“. Klar, das ist große Wahrheit: Für die Zukunft planen können wir vieles. Nur sollte uns Gott dann noch unter den Lebenden weilen lassen.
So lasst uns jetzt auf die Verse 13-16 aus dem 5. Kapitel hören, vielleicht ist ja auch hier wirklich guter Rat zu entdecken:
13 Macht jemand von euch Schweres durch? Dann bete er! Erlebt jemand eine Zeit der Ermutigung? Dann singe er Loblieder!
14 Ist jemand von euch krank? Dann bitte er die Ältesten der Gemeinde zu sich, damit sie für ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben.
15 Ihr Gebet, im Glauben gesprochen, wird dem Kranken Rettung bringen; der Herr wird ihn seine Hilfe erfahren lassen. Und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden.
16 Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Das Gebet eines Menschen, der sich nach Gottes Willen richtet, ist wirkungsvoll und bringt viel zustande.
Jakobus rät:
Christen sollten beten, wenn sie Unglück erleiden.
Und sie sollen auch beten, wenn sie glücklich sind.
Die Kranken in den Gemeinden sollen mit ihrem Leiden ebenso wenig allein gelassen werden wie mit ihren Gebeten. Dazu sollen sie sich MELDEN – und nicht abwarten, ob einer kommt! Sie sollen die Ältesten ihrer Gemeinde ZU SICH bitten, „damit sie für ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben“, ihn also eine besondere Zuwendung Gottes an Leib und Seele erfahren lassen.
(Anmerkung: Ob Mit „Älteste“ heute nun die Presbyter oder die Pfarrer oder beide gemeint sind, (und auch beiderlei Geschlechts,) möchte ich hier nicht weiter erörtern. Andererseits sollte diese Frage einmal bedacht werden!)
Jakobus rät auch zu einem Gebet aller Gemeindeglieder füreinander. Für ihn gehören dieses Gebet, das Sündenbekenntnis und Sündenvergebung zusammen. Das Gebet hat MACHT: „Das Gebet eines Menschen, der sich nach Gottes Willen richtet, ist wirkungsvoll und bringt viel zustande“
Jakobus ist sich sicher, dass das Gebet nach Gottes Willen zwar nicht ALLES, aber doch das HEIL wirken kann. Er schreibt nicht: Gebet, Krankensalbung und Fürbitte werden euch wieder GESUND machen, und alle Krankheit und Gebrechlichkeit auf dieser Welt wird dann ein Ende haben. Er schreibt: HEILEN wird es den Menschen. Kranken bringt es RETTUNG, Sündern bringt es VERGEBUNG.
Damit hat Jakobus eine heute sehr moderne Sicht auf Krankheit. Er nimmt wahr, dass die leibliche und seelische Situation des Menschen zusammengehören. Die Salbung eines Kranken kann dabei ebenso Balsam für dessen Seele werden wie die Feier des Abendmahles am Krankenbett.
Wenn Menschen eine persönliche Schuld empfinden, blockiert das allzu oft Wege der Heilung. Denn wenn Sünde den Menschen umfängt, wird der Tod zur Bedrohung des Lebens.
Aber wenn diese Schuld des Menschen im Gebet vor Gott zum THEMA wird, wird der Mensch Vergebung erfahren können. Wer etwas ausspricht, redet es sich „von der Seele“. Dann kann sein Weg in die Freiheit und Liebe Gottes führen. DAS ist „Heil“ für den Menschen, egal, ob er wieder gesund wird oder sterben muss.
Heil und Gebet: Beides gehört für Jakobus zusammen. Untrennbar. Das Gespräch mit Gott wird den Menschen retten. Jakobus würde nachher laut einstimmen, wenn wir nachher singen„O wahrer Gott, aus ALLER Not hilf mir am letzten Ende!“ (EG 275,6)
Meine Schwestern, meine Brüder:
Wenn guter Rat teuer war, haben die Menschen früher gebetet. Sagt man. Auch das weiß der Volksmund: Not lehrt beten. Aber ich glaube, dass das selbst unter uns immer seltener wird.
Vorgestern im Bibelgespräch haben wir im Lukasevangelium die schwer beeindruckende Geschichte vom bittenden Freund gelesen. Der mitten in der Nacht bei seinem Freund anklopft und drei Brote für ein Nachtmahl eines überraschend gekommenen Gastes haben will.
Jesus sagt: Der Freund wird aus dem Bett aufstehen und dieser Bitte nächtlichen Überfalls nachkommen – weil er sein Freund ist UND weil ihm gar nichts anderes übrig bleibt. Und Gott würde nicht weniger für den Beter tun.
Den Mut aber, mitternachts zu stören und zu bitten, hätten sicher nur wenige unter uns. Bitte zu sagen fällt vielen genau so schwer wie einfach nur für etwas zu danken, das man gerade bekommt und das KEINE Selbstverständlichkeit war. Weil viele sich dann gleich in der Schuld des anderen wähnen, sich „schuldig“ fühlen. OBWOHL die meisten Menschen viel lieber geben als nehmen.
Damit kommt immer öfter auch auch die Gebets-Zuversicht abhanden, dass Gott mit unseren Gebeten nämlich ebenso umgehen würde wie der nachts aufgeweckte Freund. Vielleicht kommt schon deshalb das Gebet unter uns immer kürzer.
Der Rat des Jakobus ist ein guter, denn er fordert uns auf: Denkt neu darüber nach. Das Beten ist doch ein Grundbaustein des Glaubens. Es gehört zum Leben des Glaubenden wie das Atmen. Wenn nicht mehr gebetet wird, steht der Glaube an Gott auf dem Spiel: Der Glaube an Gott, der PERSON ist, der lebt, der spricht, der hört, der handelt. Wer glaubt, dass Gott zu uns spricht, der muss auch mit Gott sprechen. Hören Christen mit dem Beten auf, geben sie ihre Beziehung zu Gott auf.
Gesprächsstoff ist doch reichlich vorhanden. Bei uns allen. Jeder war schon glücklich, jede war unglücklich. Den Punkt, nicht mehr weiter zu wissen, kennen wir alle. Kaum jemand, der nicht schon einmal ernstlich krank war. Alle von uns wissen, dass die Strafe der Sünde nicht erst KOMMT, sondern die Sünde selbst IST, weil sie sich in die Seele hineinlegt und dort Schaden anrichtet.
Und wir glauben doch, dass unser Leben von seinem Anfang bis zu seinem Ende in der Hand Gottes liegt: Nicht nur der Leib, sondern auch die Seele; alle guten und schweren Tage, mit all unseren Sehnsüchten und Erfahrungen von Scheitern und Schuld.
Also ist es auch Gottes Sache, was wir dazu denken, fühlen oder fragen. Und unsere Sache, das mit ihm beim Beten klarzumachen. Und dafür brauchen wir nichts anderes als das „Gebet eines Menschen, der sich nach Gottes Willen richtet“ – also das Vertrauen, dass Gott es mit unserem Leben nicht nur ernst, sondern vor allem gut meint.
Natürlich weiß ich, das nicht wenige von uns Enttäuschungen beim Beten erlitten haben und erleiden. Weil sie etwas von Herzen erbeten haben, was ihnen schließlich verweigert wurde. Das liegt an der Weise Gottes, mit Gebeten umzugehen, auf sie zu antworten. Er führt uns oft andere Wege und kommt uns auf ANDEREN Wegen nahe, als wir das gewollt haben.
Aber tun mir MENSCHEN jeden Gefallen? Tun die nicht letztlich auch, was sie für richtig halten? Oder überhaupt können? Und was würde geschehen, wenn man mit jedem nicht mehr reden würde, der einmal nicht getan hat, was WIR für richtig gehalten haben? Sprachlosigkeit wäre die Lebenskatastrophe- Menschen gegenüber und erst recht Gott gegenüber. Denn man würde auch SICH SELBST gegenüber sprachlos werden, keine Rechenschaft mehr ablegen.
Wie bei einem Bauern, der sich unglücklich fühlte. Ein Freund riet ihm, er möge morgens eine Hand voller Kieselsteine in seine rechte Jackentasche tun. Und dann in jedem Augenblick, wenn er sich glücklich fühlen würde, einen Stein von der rechten in die linke Jackentasche tun.
Das tat der Bauer. Zuerst waren es nur zwei oder drei, manchmal gar keine Steine am Tag. Aber mit der Zeit wurden es an jedem Tag mehr und mehr Steine, die sich abends in der linken Jackentasche fanden. Da ging der Bauer zu seinem Freund und sagte: Danke, ich bin jetzt ein glücklicher Mensch.
So funktioniert auch das Beten. Wer sich täglich Gebets-Zeit nimmt, konkret ausspricht, was ihm persönlich auf der Seele liegt, wer sich Zeit nimmt, auf das zu hören, was Gott ihm zu sagen hat, wer hinsieht, wie Gott Bitten aufnimmt oder korrigiert: Der wird irgendwann alle Steine von der rechten in die linke Tasche getan haben.
Der wird sie an Leib und Seele erleben: Die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Eine Kraftquelle für den Alltag, die nicht versiegt. AMEN