Liebeserklärung (Jes 43 1-7)

Den kompletten Gottesdienst zum Nachhören gibt es für vierzehn Tage hier.

Warum lebe ich?
Was trägt mich?
Wozu bin ich hier?
Wie fülle ich meine Tage?
Was kann lohnendes Ziel meines Lebens sein?
Wie gelange ich dorthin?

Du bist getauft:
Du gehörst jetzt schon
IHM.
Denn der Herr aller Zeiten
und Schöpfer aller Welten
hat dich erwählt.

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen;
du bist mein!
Jesaja 43,1
***
Warum gibt es sie überhaupt, unsere Taufe?
Am Ende des Matthäusevangeliums (28,16-20) befiehlt Jesus seinen Jüngern, zu taufen. Nicht wenige haben diese Bibelstelle im Konfirmandenunterricht als „Missionsbefehl“ kennen, manche sogar auswendig gelernt.

Doch man weiß auch: Als Matthäus sein Evangelium schrieb, war es schon über eine Generation her, dass Jesus gekreuzigt wurde und auferstand. Die Wahrscheinlichkeit, dass Matthäus selbst dabei war, als dieser „Missionsbefehl“ ausgesprochen wurde, ist relativ klein. Ist es trotzdem denkbar, dass Jesus das gesagt hat? Diese Frage hat mich schon oft beschäftigt.

Immerhin war Jesus Jude, er wollte sein Volk zu einer tieferen Gottesbeziehung führen. Eine eigene „Kirche“ wollte er wohl ebenso wenig wie Luther die Lutheraner oder Zwingli und Calvin die Reformierten wollten.

Für uns ist die Taufe inzwischen aber so etwas wie der Aufnahmeritus in die Kirche geworden. Hier in Deutschland kann man weder Glied der katholischen noch der evangelischen Kirchen sein, wenn man nicht getauft ist. Hat Jesus das gewollt? Trennt uns das nicht von unseren Wurzeln, trennt uns das nicht von Israel?

Ich denke: Jesus hat die Taufe nicht erfunden. Aber als sicher kann gelten, dass er selbst getauft wurde. Matthäus, Markus und Lukas sprechen direkt davon, und Johannes setzt Jesu Taufe offenbar ebenso voraus wie er auch die Abendmahlsfeier voraussetzt und nicht eigens berichtet – er brauchte wohl in den sich bildenden Gemeinden niemandem zu erzählen, wo Taufe und Abendmahl herkamen – das war ganz offenbar bekannt.

Auch den Täufer Jesu kennen wir: Johannes mit dem Beinamen „der Täufer“. Auch der hatte die Taufe nicht wirklich erfunden, er hat sie allerdings mit neuen Inhalten gefüllt.

Rituelle Waschungen gab und gibt es auch sonst im Judentum, bis heute. Erinnert euch an die Hochzeit zu Kana – das Wasser, aus dem Jesus Wein machte, stand nicht einfach zum Händewaschen da. Die Reinigung damit war nicht nur äußerlich, sondern auch spirituell gedacht.

Vieles empfand man als unrein: Kontakt mit Nichtjuden ebenso wie Krankheiten oder die Monatsblutungen von Frauen beispielsweise. Und bevor man sich Gott nähern konnte, sollte man sich von diesen Unreinheiten befreien.

Auch die Tauchbäder, die beispielsweise in einem Keller eines von Juden errichteten Hauses in Görlitz heute noch zu sehen sind, waren keine Badewannen oder Swimming-Pools, sondern dienten solcher rituellen Reinigung.

Und wer zum Judentum übertreten wollte, kam um die so genannte Proselyten-Taufe nicht herum. Männer zusätzlich nicht um die Beschneidung, das ist aber ein anderes Thema. All diese rituellen Waschungen aber brauchen entweder keine oder nur zwei Zeugen, sind also keine Handlungen in der Öffentlichkeit.

Johannes der Täufer war wohl der erste, von dem wir wissen, dass er „Taufen“, also das Ein- und Untertauchen von Menschen in Wasser, öffentlich vornahm und das mit einer theologischen Aussage verband: Menschen sollten sich der Sünde bewusst werden, Buße tun und Sünde hinter sich lassen.

Natürlich ist Sünde eine Sache IM Kopf und lässt sich nicht einfach mit Wasser ÜBER den Kopf äußerlich abwaschen. TROTZDEM kamen viele Menschen zu Johannes, hörten sich an, was er zu sagen hatte und unterzogen sich dieser Taufe. Ganz offenbar war es ihnen wichtig, dass nicht nur innerlich etwas passiert, sondern auch äußerlich etwas sichtbar wurde.

Natürlich nicht für Gott, der sieht ja bekanntlich nicht nur, was vor Augen ist, sondern auch das Herz, sondern für sich SELBST und andere Menschen. Als SICHTBARES Zeugnis dafür, dass Gott das Leben ändern kann und wird.

Das hat Jesus ganz offenbar auch so gesehen und sich darum von Johannes taufen lassen. Für seine Jünger war das später schwer zu verstehen und zu akzeptieren: Wie konnte der, der ohne Sünde war, sich der Buß-Taufe des Johannes unterziehen?

Aber Jesus ließ es geschehen. Bei Matthäus begründet er das: „So gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen“ (3,15) – Gerechtigkeit meint hier zuerst: Richtig zu handeln, also auf Gott und sein Wirken ausgerichtet zu sein. Gerechtigkeit: Ausgerichtet sein auf Gott.

Das Fazit für mich lautet also: Die Taufe war Jesus offenbar so wichtig, dass sie auch für seine Gemeinde wichtig wurde. Der „Missionsbefehl“ des Matthäus trifft für mich also ins Schwarze: Die Taufe lässt Gottes Handeln am Menschen nicht nur fühlbar, sondern auch sichtbar zum Zeugnis für die Gerechtigkeit Gottes werden.

Und so, wie Wasser von außen reinigen, töten und Leben erhalten kann, geht es den Menschen durch die sichtbare Taufe auch innen. Sie werden vom alten Leben gereinigt und sterben für die Sünde, also für den Sund zwischen Mensch und Gott, ein für allemal. Und sie bekommen neues Leben geschenkt, weil Gott sie liebt ihnen zur Seite steht und sie ausrichtet.

Und damit schreibt die Taufe in einer neuen Qualität weiter, was schon Juden glauben und leben: Dass Gott ein Leben möglich macht, das diesen Namen wirklich verdient, weil es ein Leben in der Liebe Gottes ist, die nichts und niemand auf dieser Welt erschüttern oder in Frage stellen kann.

Der Bibeltext für heute, der im Buch des Propheten Jesaja zu lesen ist, ist ein eindrückliches Beispiel dafür, ich lese aus Kapitel 43 ab Vers 1:

1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! 2 Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, und wenn du durch Ströme gehst, sollen sie dich nicht ersäufen. Wenn du ins Feuer gehst, wirst du nicht brennen, und die Flamme wird dich nicht versengen. 3 Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland. Ich gebe Ägypten für dich als Lösegeld, Kusch und Seba an deiner statt. 4 Weil du teuer bist in meinen Augen und herrlich und weil ich dich lieb habe, gebe ich Menschen an deiner statt und Völker für dein Leben.

5 So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir. Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln, 6 ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde, 7 alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.

Stellen sie sich vor, sie würden nach einem Lebenspartner suchen und eine Annonce hören oder lesen, die in gleichem Ton geschrieben ist.
Der, der da für sich wirbt, wäre doch gar nicht zu übertreffen:

Ich bin auf der Suche nach dir! Lass uns zusammen leben. In meiner Nähe brauchst du keine Furcht vor dem Leben zu haben. Denn ich enge dich nicht ein, du wirst du bleiben. Ich möchte nur, dass du zu mir gehören willst.
Und ich werde bei dir sein, was auch geschieht. Wenn dir das Wasser bis zum Hals steht, wenn das Leben über dir zusammenschlägt. Ich werde bei dir sein, wenn das Pflaster dir zu heiß wird. Ich werde mein Leben mit dir teilen in guten und in schweren Tagen.
Du bist mir tausendmal wichtiger als all die Reichen, Schönen und Erfolgreichen dieser Welt. Für dich kann ich auf all die verzichten. Hauptsache, wir sind zusammen, nichts ist mir wichtiger. Und wenn wir uns einmal aus den Augen verlieren: Ich werde dich suchen, bis wir wieder zusammen sind.

Für mich ist es kaum vorstellbar, dass das jemanden kalt ließe, dass sich jemand einer solchen Liebeserklärung verschließen oder entziehen könnte.

Die Liebeserklärung Gottes nach Jesaja nun ist die Liebeserklärung an sein Volk. „Volk“ meint nicht einfach das politische Israel, sondern alle, die den Gott Sarahs und Abrahams suchen und mit ihm leben wollen: Ich will vom Osten deine Kinder bringen und dich vom Westen her sammeln, 6 ich will sagen zum Norden: Gib her!, und zum Süden: Halte nicht zurück! Bring her meine Söhne von ferne und meine Töchter vom Ende der Erde, 7 alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe.
Also auch dich und mich.

Für mich bedeutet das: Nichts kann die Liebe Gottes zu mir erschüttern. Und meine Taufe hat das einmal mehr sichtbar werden lassen – für all die, die da mehr sehen können als nur das dreifache Übergießen mit Wasser. Mich macht das froh, dass Gott mir seine unsichtbare Liebe sichtbar zeigt, und diesen Liebeserweis wünsche ich jedem Menschen für sein Leben. Jede und jeder sollten das Geschenk, das die Taufe auf den dreieinen Gott bedeutet, kennen lernen.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Es ist ein guter Brauch, Täuflingen einen Taufspruch auszusuchen, der sie auf ihrem weiteren Lebensweg begleitet. Denn egal, ob sie sich an ihre Taufe erinnern können oder nicht:

So ein Taufspruch kann helfen, das Taufgeschenk als wertvoll zu erachten und zu erhalten und es nicht irgendwo im Keller einstauben zu lassen.

Wir bedenken darum in unserer Gemeinde in den nächsten Jahren immer an diesem 6. Sonntag nach Trinitatis auch Taufsprüche von Gemeindegliedern.
Heute soll das Psalm 25 Vers 5 sein:

Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich!
Ja, du bist der Gott, der mir hilft, täglich harre ich auf dich.

In dem Roman „Der Club der toten Dichter“ steht der Satz: „Die Wahrheit ist wie eine Decke, unter der man immer kalte Füße hat.“
Ist die Decke zu kurz? Oder zu dünn? Oder beides?

Wie auch immer: Der Umgang mit der Wahrheit ist wirklich kein einfaches Thema. Manche bieten lieber „alternative Fakten“ oder pflegen einen kreativen Umgang mit der Wahrheit.

Wie Pilatus, der die philosophische Frage stellt: Wahrheit – was ist Wahrheit? Und damit meint: Niemand kennt doch alle Fakten. Wie kann da jemand die Wahrheit kennen? So meint er, sich seine Hände in Unschuld waschen zu können – und wird mitschuldig.

Doch aus jüdisch-christlicher Sicht kann der Mensch die Wahrheit finden und kennen. Schon David sagt (2. Sam 7 28): „HERR, du bist Gott, und deine Worte sind Wahrheit.“

Und Johannes schreibt im Prolog seines Evangeliums: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Zusammengefasst: Gottes Wort IST Wahrheit, und Jesus Christus ist diese Wahrheit in Person.

Diese Wahrheit im Leben zu entdecken und ihr folgen zu können ist die Bitte des Psalmisten an Gott. Sie zu erlernen ist seine Bitte an Gott. Denn wer diese Wahrheit kennen lernt, lernt Gott selbst kennen. Und mit ihm einen Sinn, eine Richtung und ein Ziel des Lebens, die sich lohnen und Bestand haben, weil sie selbst „Wahrheit“ sind.

Auch die Liebeserklärung Gottes bei Jesaja bekommt so ihr Gewicht: Was das Leben auch bringen wird – die Gegenwart Gottes, seine Begleitung, seine Liebe sind jeden Tag da, auf sie ist Verlass.

Da ist sich der Psalmist auch sicher, seine Erfahrung ist: „Du bist der Gott, der mit hilft, täglich harre ich auf dich.“ Er fühlt sich durch Gott geborgen, begleitet, geschützt – und so auf dem gerechten Weg im Leben. An jedem seiner Tage, an leichten und schweren.

Und an den schweren Tagen, an denen er Gottes Nähe nicht findet oder nicht sucht: Gott sucht und findet ihn. Diese Erfahrung des Psalmisten kann dieser Vers im Leben des Getauften erfahrbar machen und erhalten.

Denn die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sind die Geschenke Gottes.
Persönlich für uns alle.
Und durch die Taufe sogar sichtbar. AMEN

 

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