Gottesdienst Rogate 2020 Nachlesen und Anhören

GLOCKEN, dabei
Willkommen zu unserem Gottesdienst
am Sonntag Rogate.

Die Lieder dafür finden Sie im Evangelischen Gesangbuch.
Wir sagen sie jeweils an; wer sie schon vorher heraussuchen will, es sind die Nummern:
279, 281, 107 und 344.
Lektorin ist heute Anett Kolaschinsky, mein Name ist Malte Koopmann.
Als Musik zum Eingang hören Sie heute
aus JSBachs Cello-Suite 6 D Dur, Sarabande in einer Bearbeitung für Gitarre.
MUSIK zum Eingang

VOTUM Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen./ Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat, /der Bund und Treue hält ewiglich /und der nicht preisgibt das Werk seiner Hände.

Fünfter Sonntag nach Ostern:
Rogate! Betet!
Der Name ist von einem liturgischen Brauch abgeleitet.
Um heidnische Flurprozessionen zu verchristlichen
wurden im 4. Jahrhundert Bittprozessionen eingeführt.
Rogate! Betet! Schon immer
Ermahnung und Ermutigung zugleich.
Denn wer betet, spricht nicht mit irgendwem, sondern mit Gott,
der unseren Herrn, seinen Sohn, aus dem Grab gerufen hat,
der auch unsere Furcht und Traurigkeit vertreiben kann.

LIED 279 1.2. + 7.8
1 Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren,/ rühmt seines Namens Herrlichkeit,/ und feierlich ihn zu verklären,/ sei Stimm und Saite ihm geweiht./ Sprecht: Wunderbar sind deine Werke,/ o Gott, die du hervorgebracht;/ auch Feinde fühlen deine Stärke/ und zittern, Herr, vor deiner Macht.
2 Dir beuge sich der Kreis der Erde,/ dich bete jeder willig an,/ dass laut dein Ruhm besungen werde/ und alles dir bleib untertan./ Kommt alle her, schaut Gottes Werke,/ die er an Menschenkindern tat!/ Wie wunderbar ist seine Stärke,/ die er an uns verherrlicht hat!
7 Die ihr Gott fürchtet, ich erzähle:/ kommt, hört und betet mit mir an!/ Hört, was der Herr an meiner Seele/ für große Dinge hat getan./ Rief ich ihn an mit meinem Munde,/ wenn Not von allen Seiten drang,/ so war oft zu derselben Stunde/ auf meiner Zung ein Lobgesang.
8 Gelobt sei Gott und hochgepriesen,/ denn mein Gebet verwirft er nicht;/ er hat noch nie mich abgewiesen/ und ist in Finsternis mein Licht./ Zwar elend, dürftig bin ich immer/ und schutzlos unter Feinden hier;/ doch er, der Herr, verlässt mich nimmer,/ wend’t seine Güte nie von mir.

LITURGISCHE HINFÜHRUNG + SP
Kurt Marti:
Auch ich kann nicht beten.
Ich glaube,
man sieht uns allen an,
dass wir nicht beten können.

Man sieht es auch denen an,
die weiterhin beten
oder zu beten meinen.

Dennoch kann ich mir
die Sprache einer besseren Zukunft
nicht vorstellen
ohne etwas
wie Gebete.

Rogate! Betet!
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft
noch seine Güte von mir wendet!
Ps 66, 20

***
Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen und mit Psalmen ihm jauchzen! Denn der Herr ist ein großer Gott.
Lasst uns aus Psalm 95 im Wechsel beten:

1 Kommt herzu, lasst uns dem HERRN frohlocken
und jauchzen dem Hort unsres Heils!
2 Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen
und mit Psalmen ihm jauchzen!
3 Denn der HERR ist ein großer Gott
und ein großer König über alle Götter.
4 Denn in seiner Hand sind die Tiefen der Erde,
und die Höhen der Berge sind auch sein.
5 Denn sein ist das Meer, und er hat’s gemacht,
und seine Hände haben das Trockene bereitet.
6 Kommt, lasst uns anbeten und knien
und niederfallen vor dem HERRN, der uns gemacht hat.
7 Denn er ist unser Gott
und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand.
AMEN

LIED 281,3
3. Anbetung, Ehre, Dank und Ruhm/ sei unserm Gott im Heiligtum,/ der Tag für Tag uns segnet;/ dem Gott, der Lasten auf uns legt,/ doch uns mit unsern Lasten trägt/ und uns mit Huld begegnet./ Sollt ihm, dem Herrn der Herrlichkeit,/ dem Gott vollkommner Seligkeit,/ nicht Ruhm und Ehr gebühren?/ Er kann, er will, er wird in Not/ vom Tode selbst und durch den Tod/ uns zu dem Leben führen.

LEKTORIN
Ich erinnere an das vierte Gebot:
Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest.
Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun.
Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes.
Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter,
dein Knecht, deine Magd, dein Vieh,
auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt.
Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht,
und das Meer und alles, was darinnen ist,
und ruhte am siebenten Tage.
Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.

Der Heidelberger Katechismus erklärt dazu:
Gott will zum einen,
dass das Predigtamt und die christliche Unterweisung erhalten bleiben
und dass ich, besonders am Feiertag,
zu der Gemeinde Gottes fleißig komme.
Dort soll ich Gottes Wort lernen, die heiligen Sakramente gebrauchen,
den Herrn öffentlich anrufen
und in christlicher Nächstenliebe für Bedürftige spenden.
Zum andern soll ich an ALLEN Tagen meines Lebens
von meinen bösen Werken ablassen
und den Herrn durch seinen Geist in mir wirken lassen.
So fange ich den ewigen Sabbat schon in diesem Leben an.

Schließlich:
Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?
Nein, sondern es kommen auch die frömmsten Menschen
in diesem Leben über einen geringen Anfang
dieses Gehorsams nicht hinaus.
Wohl aber beginnen sie, mit fester Absicht
nicht nur nach einigen, sondern nach allen Geboten Gottes zu leben.
AMEN.

Im Licht der Gebote Gottes ist zu erkennen,
wie sehr wir angewiesen sind
auf die Barmherzigkeit des Herrn.
Lasst uns beten:

Gott, du Kraft unseres Lebens!
Wir kommen zu dir
mit unseren Gedanken, Worten und Taten.
Wir wollen alles zur Ruhe kommen lassen,
nicht nur unsere Hände,
sondern auch alles, was in uns ist,
was uns im Kopf herumgeht
und unser Herz beschwert,
unsere Sorgen, unsere Pläne.
Wir haben es nötig, dass du für uns sorgst.
Lass uns erkennen
und vor dir und uns selber eingestehen,
dass wir, wie stark wir uns auch fühlen mögen,
Hilfe brauchen zum Glauben und zum Leben
und auch zur Freude und dazu,
dass unser Leben gelingt.
Wir waren tätig in den Tagen, die hinter uns liegen.
Vieles ist gelungen, vieles blieb unerledigt,
es liegt jetzt hinter uns.
Du bist vor uns.
In deinem Wort sagst du uns,
worauf wir hoffen können:
dass das Wort von Jesus Christus
auf seinem Weg durch diese Welt
auch uns erreicht
und bei uns bleibt und uns zum Leben hilft.
Wir bitten dich, sende deinen Geist auf uns herab,
damit wir frei werden von unseren eigenen Gedanken
und hören können auf das, was du uns sagen willst. AMEN

Halleluja! Gelobt sei Gott,
der mein Gebet nicht abgewiesen
und mir seine Gnade nicht entzogen hat!
Halleluja!
Der Herr ist auferstanden,
er ist wahrhaftig auferstanden.
Halleluja!
AMEN.

LIED 107 1+2
1. Wir danken dir, Herr Jesu Christ,/ dass du vom Tod erstanden bist/ und hast dem Tod zerstört sein Macht/ und uns zum Leben wiederbracht./ Halleluja.
2. Wir bitten dich durch deine Gnad:/ nimm von uns unsre Missetat/ und hilf uns durch die Güte dein,/ dass wir dein treuen Diener sein./ Halleluja.

LEKTORIN
Aus dem 2. Buch Mose Kapitel 32 ab Vers 7
7 Der HERR sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. 8 Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben’s angebetet und ihm geopfert und gesagt: Dies sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben.
9 Und der HERR sprach zu Mose: Ich habe dies Volk gesehen. Und siehe, es ist ein halsstarriges Volk.
10 Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie verzehre; dafür will ich dich zum großen Volk machen.
11 Mose wollte den HERRN, seinen Gott, besänftigen und sprach: Ach, HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast? 12 Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem glühenden Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst. 13 Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig. 14 Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk angedroht hatte.

Selig sind,
die das Wort Gottes hören und bewahren! (Lk 11, 28)
AMEN.

Als Bekenntnis lasst uns gemeinsam die Antwort
zu Frage 1 des Heidelberger Katechismus sprechen.
Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
Dass ich mit Leib und Seele
im Leben und im Sterben
nicht mir,
sondern meinem getreuen Heiland
Jesus Christus gehöre.
Er hat mit seinem teuren Blut
für alle meine Sünden
vollkommen bezahlt
und mich aus aller Gewalt
des Teufels erlöst;
und er bewahrt mich so,
dass ohne den Willen
meines Vaters im Himmel
kein Haar von meinem Haupt kann fallen,
ja, dass mir alles
zu meiner Seligkeit dienen muss.
Darum macht er mich auch
durch seinen Heiligen Geist
des ewigen Lebens gewiss
und von Herzen
willig und bereit,
ihm forthin zu leben.
AMEN

Das WochenLIED „Vater unser im Himmelreich“
ist die Nummer 344.
Jetzt Strophe 1, die anderen Strophen dann später. 344 Strophe 1

1. Vater unser im Himmelreich,/ der du uns alle heißest gleich/ Brüder sein und dich rufen an/ und willst das Beten von uns han:/ gib, dass nicht bet allein der Mund,/ hilf, dass es geh von Herzensgrund.

LASST UNS BETEN:
O Gott, dich rufen wir an, wir sehnen uns nach dir,
wie sich eine Frau in den Wehen nach der Entbindung sehnt.
Gib uns den Mut zu warten,
aber auch die Kraft zu drängen,
bis der Glaube in uns zum Leben gekommen ist.
Und dann bringe deinen Frieden und
deine Freude
durch uns zur Welt.
Auf dich hoffen wir in Zeit und Ewigkeit.
AMEN

GNADE SEI MIT EUCH und Friede von dem,
der da ist, der da war und der da kommt. AMEN!

Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es. Auf das Beten übertragen: Wer es gut machen will, sollte nicht darüber reden, sondern es tun: Beten.
Andererseits: Man MUSS auch reden über das Beten.
Wie sollen Kinder, Enkel oder Freunde sonst verstehen, was wir da tun? Wie wichtig das Gebet ist?
Welche Kraft es entfalten kann?

Reden über das Beten: Alle Jahre wieder an diesem fünften Sonntag nach Ostern. Denn Konfirmandenwissen – wenn man es denn jemals hatte – kann nur ein Anfang sein.

Das hat schon Martin Luther gewusst. Darum hat er dieses Lied getextet, von dem wir gerade die erste Strophe gesungen haben (EG 344).
Dazu hat er eine Melodie überarbeitet, die sogar für ihn schon alt war: Fast 200 Jahre. Sie war also bekannt, und so konnten sich viele beim Singen auf den Text konzentrieren (besser als wir heute).

Die ersten Worte schon klären das Thema: „Vater unser im Himmelreich“.
Jaja, ich weiß: Wir Reformierten würden lieber „Unser Vater“ als „Vater unser“ singen. Aber die Menschen in der Zeit Luthers kannten es nicht anders. Die deutsche Übersetzung vom lateinischen „Pater noster“ ist einfach „Vater unser“, und im griechischen Urtext steht es auch genau so: Vater unser. Also beließ es Luther dabei.

Zu seinen Zeiten konnte Luther auch noch dichten: „der du uns alle heißest gleich/ BRÜDER sein“ – ohne dass Frauen hätten befürchten müssen, sie seien gar nicht gemeint.
ALLE sind gemeint, ALLE sollen beten, ALLE nicht nur mit dem Munde, sondern aus dem Grunde des Herzens.
Wie Geschwister eben, würden wir heute sagen.

Vielleicht nicht ALLE, aber viele haben es ganz schön schwer damit. Das Tischgebet ist selbst unter uns fast ausgestorben. TÄGLICH beten nur noch wenige. Aber nicht wenige unter uns denken öfter mal darüber nach, warum das so ist.

Oft bemerken sie dabei, dass ihnen einfach die Worte fehlen. Dass sie nicht wissen, wie sie es RICHTIG machen sollen. Vor allem, weil sie ja die ANTWORTEN Gottes, weil sie SEINE Stimme nicht hören können.

Nicht hören?
Oder nicht verstehen?
Kann man denn Gottes Stimme wirklich nicht hören?

Ich glaube, das ist einfach ein Missverständnis, dass viele denken, Gott müsse genau EINE Stimme haben.
So wie die Mutter EINE Stimme hat.
Oder der Mensch, mit dem man zusammenlebt.

IST Gott aber unendlich, spricht er auch mit unendlich vielen Stimmen. Mit ALLEN Stimmen, die wir kennen. Wenigstens.
Mit der des Lebens-Partners ebenso wie mit der von Vögeln, Katzen oder Hunden. Und selbst die verstehen deren Besitzer doch auch irgendwann, ohne selbst Vogel, Katze oder Hund zu sein.
Bleibt die Frage: Wie unterscheide ich das, was einer sagt oder singt, von dem, was Gott sagt oder singt?

Durch den GEIST, der spricht.
Wer nicht nur mit den Ohren, sondern auch dem Herzen hört, KANN den Unterschied heraushören.
Nicht nur unterscheiden zwischen traurig und heiter,
ernst und lustig,
sondern auch zwischen unheilig und heilig.

Darum sind wir hier uns ja auch einig, dass der Geist Gottes aus Jesus spricht, wenn er nach Matthäus 6 in der Bergpredigt zu seinen Jüngern sagt (ich lese ab Vers 5):

5 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. 6 Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.
7 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. 9 Darum sollt ihr so beten:
Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. 10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. 11 Unser tägliches Brot gib uns heute. 12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. 13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

Kürzlich las ich in einer Statistik: Über 80% der Deutschen beten. Das mag man zunächst gar nicht glauben, sind das doch viel mehr als die gut 40%, die von sich sagen, irgendwie religiös zu sein. Und doch gibt es sie: Gebete vor dem Zubettgehen, vor den Mahlzeiten, vor Mathearbeiten, in den Sekundenbruchteilen vor einem herannahenden Unfall, nach einer niederschmetternden Diagnose eines Arztes, bei Hunger oder Durst, in Angst und Qual.

Da beten offenbar viel mehr Menschen, als man so denkt. Laut oder leise, kurz oder lang. Mit einem Gegenüber, das sie kennen. Oder nicht kennen. Das sie vor ihrem inneren Auge sehen. Oder das ihnen gänzlich unsichtbar ist. Öfter im Leben. Oder nur ein Mal und nie wieder.

Getreu dem Motto „ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe“, „korrigiere“ ich jetzt schamlos nach oben: Sehr wahrscheinlich beten sogar 100% der Menschen mindestens ein Mal im Leben. Man muss sie nur nicht zu früh fragen, also nicht VOR ihrem ersten Gebet.

Das Gebet ist ein religiöses Grundbedürfnis JEDES Menschen. Auch wenn viele sich das nicht eingestehen würden. Christen sind also keine seltenen Exoten. Sie haben aber einen besonderen Zugang zum Gebet. Es wird vom einfachen Stoßgebet der Ausweglosigkeit zum aufrichtigen Gespräch mit Gott.

Was kann dieses Gespräch austragen? Was geschieht im Zwiegespräch mit Gott? Es ist schließlich kein EINFACHES Gespräch, denn die Antwort Gottes muss man ja hören lernen. Und die ist eben doch schwerer zu verstehen als die einfache Antwort des Menschen neben mir, der meine Sprache spricht.

Viele hinterlässt das ratlos. Nicht umsonst bringt Jesus das Gespräch in der Bergpredigt darauf. Denn er weiß: Kommt das Beten unter die Räder, kommt der Glaube unter die Räder. So wie jede Beziehung unter die Räder kommt, wenn nicht mehr miteinander gesprochen wird.

Darum erinnert Jesus hier Grundlegendes:
Beten ist weder eine öffentliche Frömmigkeits- Demonstration noch ein Bekenntnisakt.
Gehe zum Beten am besten in die Vorratskammer, den einzig abschließbaren Raum im orientalischen Bauernhaus, und schließe HINTER DIR ab – so, wie es schon Elisa tat, als er für das Leben des Sohnes der Sunamiterin betete – nachzulesen in 2.Kön 4. Und dann rede nicht viel, sondern versuche, nicht über oder für, sondern MIT Gott zu reden.

Wie aber dann die richtigen Worte finden? Betet SO, sagt Jesus, und legt seiner Gemeinde Worte in ihren Mund. Worte, die wir wohl alle kennen. Viele sprechen sie seit Kinderzeiten auswendig. Dass Jesus uns aber damit ein Gebet beibringen wollte, dass wir auswendig zu lernen hätten, ist nun allerdings ziemlich unwahrscheinlich. Auch das Vaterunser kann man „plappern wie die Heiden“, also wie Menschen, denen Gott fern ist.

Nicht auswendig, inwendig soll es werden: „gib, dass nicht bet allein der Mund, hilf, dass es geh von Herzensgrund“, dichtet Luther. Und weiter die Strophen 2+3:
344
2. Geheiligt werd der Name dein,/ dein Wort bei uns hilf halten rein,/ dass auch wir leben heiliglich,/ nach deinem Namen würdiglich./ Behüt uns, Herr, vor falscher Lehr,/ das arm verführet Volk bekehr.
3. Es komm dein Reich zu dieser Zeit/ und dort hernach in Ewigkeit./ Der Heilig Geist uns wohne bei/ mit seinen Gaben mancherlei;/ des Satans Zorn und groß Gewalt/ zerbrich, vor ihm dein Kirch erhalt.

Die Worte Luthers lassen die, die das Lied singen, das Unservater neu denken und neu verstehen. Und das muss man, denn die Momente und Zeiten im Leben, wenn uns das Leben vor Gott sprachlos macht, bleiben nicht aus. Sprachlosigkeit, die immer wieder neu entsteht, hindert dann das Gebet.

Hier aber kann das „Gebet des Herrn“ zu neuer Sprache führen. Himmlische Nähe zu Gott schaffen. Der Himmel ist ja nicht unerreichbar im Weltall, er ist unsere Gebets-Vision. Der Ort der Vollkommenheit, unserer Lebens- Sehnsucht. Der einzige Ort, an dem Gott uns ganz nahe ist.

Gott heilig zu halten bedeutet darum, den Himmel zu sehen. Den Himmel zu sehen bedeutet, Gottes Reich zu entdecken. Und wer das nicht erst im Jenseits haben will, findet es in seiner Kirche. Egal, wo die ist, egal, wie sie heißt. Gemeinschaft der Heiligen ist die Gemeinschaft derer, die das Himmelreich sehen können und darauf hoffen, Gott möge ihnen „des Satans Zorn“ vom Leibe halten. Die Strophen 4+5:

4. Dein Will gescheh, Herr Gott, zugleich/ auf Erden wie im Himmelreich./ Gib uns Geduld in Leidenszeit,/ gehorsam sein in Lieb und Leid;/ wehr und steu’r allem Fleisch und Blut,/ das wider deinen Willen tut.
5. Gib uns heut unser täglich Brot/ und was man b’darf zur Leibesnot;/ behüt uns, Herr, vor Unfried, Streit,/ vor Seuchen und vor teurer Zeit,/ dass wir in gutem Frieden stehn,/ der Sorg und Geizens müßig gehn.

In Gottes Reich gilt Gottes Wille, und Gottes Wille macht das, was seine Geschöpfe brauchen, ZU SEINER Sache. Die Sache der Menschen, ihr täglich Brot, ihre anderen Bedürfnisse, ihr vielfältig bedrohtes Leben machen jedes einzelnen Menschenleben aus, und all diese Dinge des alltäglichen Lebens stehen in Gottes Hand, seiner Für-Sorge.

Das „Unservater“ entwickelt die GebetsKULTUR derer, die ihre täglichen Bedürfnisse ins Gespräch mit Gott einbringen. Es entwickelt beim Beten ein Gefühl dafür, WAS Gottes Himmel ist und WO der nicht ist. Und beginnt man im Gebet zu ahnen, was „Gehorsam“ bedeutet. Denn wenn Gott GOTT ist, geschieht NICHTS ohne seinen Willen.

Dabei stellt sich die Sinnfrage für uns Menschen an jedem Tag neu. Und die Antworten müssen auch jeden Tag neu sein. Die Antwort auf die Gaskammern des letzten Jahrhunderts und die Antwort auf die Corona-Pandemie heute KANN ja nicht dieselbe sein.
Aber KEINE Antwort, die zu TRAGEN vermag, wird anders gefunden werden als im Gehorsam auf Gottes Willen.

In Gehorsam gegen Gott aber wird es gelingen: „dass wir in GUTEM Frieden stehn, der Sorg und Geizens müßig gehn“. Das wäre ein entspanntes, frohes Leben. Aber ohne Gebet, ohne das aufrichtige Gespräch mit Gott ist es ein auswegloses Unterfangen, „Gehorsam“ Gott gegenüber zu lernen. Auch Frieden von gutem Frieden, Menschenwillen von Gotteswillen zu scheiden. Durch das Gebet aber kann das gelingen.
Und noch mehr kann gelingen: Strophen 6+7

6. All unsre Schuld vergib uns, Herr,/ dass sie uns nicht betrübe mehr,/ wie wir auch unsern Schuldigern/ ihr Schuld und Fehl vergeben gern./ Zu dienen mach uns all bereit/ in rechter Lieb und Einigkeit.
7. Führ uns, Herr, in Versuchung nicht,/ wenn uns der böse Geist anficht;/ zur linken und zur rechten Hand/ hilf uns tun starken Widerstand/ im Glauben fest und wohlgerüst’/ und durch des Heilgen Geistes Trost.

Zu gelingendem Leben gehört, das die Schuld des Menschen nicht mehr zwischen Gott und Mensch steht. Und wenn Schuld mich nicht einmal mehr von Gott trennen kann, wie sollte sie mich dann vom Nächsten trennen?

Wenn Schuld „nicht mehr betrüben“ muss, kann man mit dem Nächsten neu anfangen. Kann ihm dienen ohne Furcht, den Kürzeren zu ziehen. Kann ihn lieben ohne Angst, enttäuscht zu werden. Denn die Liebe Gottes ist mir ja sicher. Gott wird in allen Versuchungen des Lebens bei seinen Menschen stehen wie er bei Jesus in der Wüste stand.

Meine Schwestern, meine Brüder:

Denkt weiter über das Lutherlied nach, es wird sich für euer Gebet auszahlen. Und durch das Gebet ändert sich euer Leben, richtet sich neu aus. Denn wenn Mensch und Gott miteinander reden, nähern sie sich einander an.

Dabei kann der Mensch lernen, die Welt durch die Augen Gottes zu sehen.
Und damit dient es unserem Realitätsgewinn. Beten macht uns objektiv. Denn es relativiert die Selbst – Einschätzung, indem es sich vergewissert:
Hier stehe ich, zu mir aber steht Gott.

Das Vaterunser übt das Gespräch mit Gott, und das Lied Luthers übt mit uns das Vaterunser.
Rogate-Betet! Das bringt uns dem Himmel Gottes näher. An jedem Tag, an dem wir beten können, ein Stück mehr.

Gottes Himmel aber birgt guten Frieden.
Einen Frieden, der höher ist, als alles Denken es fassen kann
und der unsere Leiber und Seelen bewahrt in Christus Jesus.
Diesen Himmel kann man täglich besser sehen lernen – im Gebet.
AMEN

Unsere Seele in der Hand Gottes – davon singt Strophe 8
LIED 344 8
8. Von allem Übel uns erlös;/ es sind die Zeit und Tage bös./ Erlös uns vom ewigen Tod/ und tröst uns in der letzten Not./ Bescher uns auch ein seligs End,/ nimm unsre Seel in deine Händ.

Lasst uns beten:
Gott, wir hören auch weiter nicht auf,
Dank und Fürbitte vor dich zu bringen.
Dank sagen wir Dir für jeden Tag und jede Stunde, die du uns auf dieser Welt schenkst, und für jedes deiner Worte, das uns mit Leben erfüllt.
Darum bringen wir vor dich all das, was uns ängstigt,ratlos macht und verloren:
Die Angst, die Not, die Einsamkeit und den Zorn, die das Coronavirus in unserer Welt verbreitet. Die Rufe nach Leben und unser müdes Herz; den Hunger nach Liebe und unsere eigensüchtigen Hände; die unbefriedeten Völker und die Friedlosigkeit in uns.
Schenke allen Menschen, auch den großen und kleinen Regierenden, deinen Geist, der uns dir folgen lehrt in die Weite deines Reiches unter den Himmel deiner wachsamen Liebe.
So können alle Menschen, große und kleine, starke und schwache, müde und wache, Ruhe finden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Lass unser Gebet nicht verloren gehen!

UNSER Vater im Himmel.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
AMEN.

LEKTORIN Abkündigungen
Am Sonntag Exaudi, also in einer Woche, feiern wir unseren ersten Gottesdienst seit langem wieder gemeinsam in der Kirche. Natürlich unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln.
Unsere Gottesdienste zum Anhören und Nachlesen soll es dann zunächst monatlich geben. Im kommenden Monat wird das am Sonntag Trinitatis sein, das ist der 7. Juni.
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Nummer 344 die letzte Strophe: Amen, das ist: es werde wahr
LIED 344,9
9. Amen, das ist: es werde wahr./ Stärk unsern Glauben immerdar,/ auf dass wir ja nicht zweifeln dran,/ was wir hiermit gebeten han/ auf dein Wort, in dem Namen dein./ So sprechen wir das Amen fein.

SEGEN
Es segne und behüte uns der dreieine Gott.
Gott Vater, zu dem wir jederzeit mit allen Bitten kommen dürfen;
Gott Sohn, der uns Bruder geworden und für uns auferstanden ist,
und Gott Heiliger Geist, der uns Beistand ist und bleiben wird.
AMEN

Hören sie zum Schluss des Gottesdienstes
noch einmal aus Bachs Cellowerk eine Bearbeitung für Gitarre:
Gigue aus der Suite Nr 3 in d moll
MUSIK zum Ausgang

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