Das Licht ist Liebe (Jes 2 2-5)

Unseren Gottesdienst vom 8. Sonntag nach Trinitatis zum Nachhören finden Sie für vier Wochen hier.

das Licht der Welt
die Vision von der Gerechtigkeit Gottes
die Frieden schafft der nie endet

Sehnsucht der Menschheit
aus Jerusalem kommt
wonach sie sich sehnen

Gottes Licht strahlt vom Berge Zion
bis in den letzten Winkel der Dunkelheiten dieser Welt
ändert das Leben

Lebt als Kinder des Lichts;
die Frucht des Lichts
ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Epheser 5,8b.9

***
LICHT
Für mich eines der spannendsten physikalischen Phänomene überhaupt. Unser Wort „Licht“ bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch allerdings nur auf diejenigen Teile des elektromagnetischen Spektrums, die wir zu sehen vermögen.

Licht ist eine Form der Energie,
die sich physikalisch entweder als Welle oder als Teilchen beschreiben lässt. Sehen können wir Wellenlängen nur zwischen ungefähr 380 und 780 Nanometern. Ultraviolettes Licht oder Röntgenstrahlen beispielsweise haben kürzere Wellenlängen, Infrarotstrahlen längere. Darum können wir Menschen sie nicht sehen.

Licht ist schnell.
Im Vakuum breitet es sich mit knapp 300.000 km/s aus. Wenn Licht auf Materie trifft, kann es gestreut, reflektiert, gebrochen und verlangsamt oder absorbiert werden. Genug Stoff für die Natur-Wissenschaft über tausende Jahre von Pythagoras bis Einstein: Physiker, Chemiker und Biologen sind seither damit beschäftigt, die Geheimisse des Lichts zu ergründen.

Licht bedeutet Leben.
Die biologischen Seiten des Lichts sind für uns die, die unser Leben tagtäglich bestimmen. Denn ohne Licht würde es weder Leben noch Überleben auf dieser Welt geben.

Unser Lichtspender, die Sonne, ist ja nicht von ungefähr oft als Göttin verehrt worden: Sie lässt uns sehen und erkennen, spendet uns Wärme, bietet eine Grundlage für die Photosynthese und damit für alles, was uns atmen lässt und als Nahrung dient.

Licht ist auch für unser inneres Wohlbefinden unerlässlich.
Dunkelheit gehört zweifelsohne auch zu unserem Wohlbefinden, aber zu viel Dunkelheit ist für uns schwerer zu ertragen als zu viel Licht. Unsere nordischen Nachbarn können ihr Lied davon singen, wenn es nördlich des Polarkreises zur Polarnacht kommt. Das ist für viele ohne Alkohol nicht zu ertragen. Viel Alkohol.

Licht ist so bedeutsam für uns Menschen,
dass es wie das Feuer eines der bedeutendsten Erscheinungen in allen Kulturen und ihren Religionen ist.

Für unsere Bibel ist es darum der Ausdruck göttlicher Anwesenheit schlechthin. Wo Licht ist, ist Gottes Wirken sichtbar.

Das macht schon die Schöpfungsgeschichte deutlich:
Nach Himmel und Erde ist Licht das dritte Werk, das Gott erschafft, und namentlich das erste, das durch sein Wort entsteht.

Licht hat in unserem Sprachgebrauch auch übertragen eine durchgehend positive Bedeutung.
Wenn ich zum Beispiel mal einen lichten Moment habe – das kommt immer wieder einmal vor!, kann ich plötzlich etwas verstehen oder begreifen, was für mich BIS zu diesem Moment im Dunkeln gelegen hat, also schleierhaft war.
Und diese lichten Momente gehören zu den schönsten in meinem Leben und erhellen es immer neu.

Die Wahrheit wird ans Licht gebracht;
Lichtungen sind helle Orte im dunklen Wald;
Licht ins Dunkle bringen bedeutet Verstehen und Erkennen; Lichtgestalten sind Menschen, die Vorbilder sind;
Lichtblicke sind Momente, die Hoffnung verkörpern;
die Redewendung „Licht am Ende des Tunnels“ redet zum Glück NICHT von einem entgegenkommenden Zug.

Licht ist Schlüsselwort in diesem Gottesdienst:
Von den Kindern des Lichts im Wochenspruch (Eph 5,8b) bis zum Licht der Welt in der Evangelienlesung (Mt 5,14),
vom „Licht des Evangeliums“ im Glaubenszeugnis Friedrich von Bodelschwinghs bis hin zum Wochenlied „Sonne der Gerechtigkeit“ habt ihr das ganz sicher schon mitbekommen.

Auch der Predigttext hat seine Spitze im Licht, von dem sein Schlussvers redet.
Ich lese aus dem Buch des Propheten Jesaja Kapitel 2
die Verse 2-5 in der Übersetzung der „Gute Nachricht Bibel“:

2 Es kommt eine Zeit,
da wird der Berg, auf dem der Tempel des HERRN steht,
unerschütterlich fest stehen

und alle anderen Berge überragen.
Alle Völker strömen zu ihm hin.
3 Überall werden die Leute sagen:
»Kommt, wir gehen auf den Berg des HERRN,
zu dem Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt!
Er soll uns lehren, was recht ist;
was er sagt, wollen wir tun!«
Denn vom Zionsberg in Jerusalem
wird der HERR sein Wort ausgehen lassen.
4 Er weist die Völker zurecht
und schlichtet ihren Streit.
Dann schmieden sie aus ihren Schwertern Pflugscharen
und aus ihren Speerspitzen Winzermesser.
Kein Volk wird mehr das andere angreifen
und niemand lernt mehr das Kriegshandwerk.

5 Auf, ihr Nachkommen Jakobs,
lasst uns in dem Licht leben,
das vom HERRN ausgeht!

Nachkommen Jakobs:
Das meint zweifelsfrei auch uns, fast dreitausend Jahre nach Jesaja. Denn auch unser Herr Jesus Christus ist Nachkomme Jakobs, und durch unsere Taufe sind wir Gottes Eigentum ebenso wie die Nachkommen Jakobs.

Lasst uns in dem Licht leben, das vom Herrn ausgeht:
Wie meint Jesaja das, wovon redet der Prophet?

Im Eingangskapitel des Prophetenbuches lesen wir Jesajas Kritik am Kult, seine Anschuldigungen gegen das Volk Israels und von die Anklage gegen Jerusalem (21-23):

„Wie konnte sie zur Hure werden, die Stadt, die früher so treu war? Einst herrschte in ihr das Recht, ihre Bewohner folgten Gottes Geboten; jetzt aber wohnen dort lauter Mörder! Jerusalem, früher warst du wie reines Silber, jetzt aber bist du nichts als silbrig glänzende Schlacke! Früher warst du wie guter Wein, jetzt aber ist der Wein verwässert! Deine Führer – Aufrührer sind sie, die mit Dieben unter einer Decke stecken, scharf auf Geschenke und Bestechungsgeld! Aber den Waisen verhelfen sie nicht zu ihrem Recht und die Klagen der Witwen hören sie gar nicht erst an.“

In der Vision Jesajas in unserem Text im Folgekapitel aber kommt es zur vollkommenen Verwandlung Jerusalems. Jerusalem wird von einem Vorhof des Grauens zum Nabel der Welt.

Alle Völker strömen zum Berg Zion. Zion: das ist der Südwesthügel Jerusalems. Er gehört zum Judäischen Bergland, ebenso wie der uns ebenfalls gut bekannte Ölberg. Der liegt östlich davon in Jerusalem und ist sogar 65 m höher als der Zion.

Wenn man allerdings in Jerusalem ist, nimmt man beide nur als Hügel in der Stadt wahr, denn ganz Jerusalem liegt ungefähr 745 m über dem Meeresspiegel. Der Zion liegt ungefähr 20, der Ölberg gut 60 m höher als die Stadt – also ungefähr so, wie wir Brandenburger den Marienberg sehen.

NACH seiner Verwandlung ist der Zion aber nicht nur unerschütterlich fest, nicht nur höher als der Ölberg – nein, er überragt alle anderen Berge, so dass alle Menschen ihn sehen können.

Eine Völkerwallfahrt auf diesen Berg Zion setzt ein. „Alle Völker strömen zu ihm hin. Überall werden die Leute sagen: »Kommt, wir gehen auf den Berg des HERRN, zu dem Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt! Er soll uns lehren, was recht ist; was er sagt, wollen wir tun!«“

Die Völker kommen diesmal nicht in kriegerischer Absicht. Kommen nicht, weil sie Jerusalem erobern, plündern und zerstören wollen. Das taten sie in der Geschichte oft genug.

Sie kommen auch nicht, weil sie dorthin GEZWUNGEN werden, sondern weil sie DURSTIG sind. Denn alle Suche nach erfülltem Leben blieb bisher erfolglos. Sie sehen darum keinen anderen Weg mehr als nach dem zu fragen, was der Gott Abrahams und Sarahs ihrem Leben zu sagen und zu bringen hat.

Sie werden sagen: Lasst uns auf seinen Wegen weitergehen! Sein Gericht ist wunderbar, denn er wird endlich jederlei Streit schlichten. Die Menschen werden endlich ohne Angst leben, einen Sinn im Leben MITEINANDER finden.

Der Gott Abrahams und Sarahs wird ihnen diesen Weg zeigen, sodann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen, ihre Speerspitzen zu Winzermessern. Aus Waffen für den Krieg werden Werkzeuge für die Frieden.

Menschen, von denen man es bisher niemals gedacht hatte, dass sie überhaupt einen einzigen Gedanken auf Gott verschwenden, werden dann vor dem Thron Gottes stehen und ihm ihr Leben anvertrauen.

Ein wunderbarer Traum. Dieser Traum ist ein Dauermagnet. Zuerst für Juden, Christen und Muslime, für die Jerusalem ein Ort von zentraler religiöser Bedeutung ist.

Der Gottesberg Zion ist für die Juden mit der Klagemauer des Tempels der wichtigste Wallfahrtsort überhaupt. Er erinnert an die aus eigener Schuld verpassten Chancen, ist ebenso Mahnmal für unsägliches und unermessliches Leid, das den Juden durch die Jahrtausende hinweg von anderen zugefügt wurde.

Auch Christen haben ihr Herz sichtbar in Jerusalem: Da ist die Grabeskirche, die armenische, koptische, orthodoxe und katholische Christen gemeinsam nutzen. Da ist die Christuskirche der Anglikaner ebenso wie die deutsche evangelische Erlöserkirche. Und die Himmelfahrtkapelle auf dem Ölberg, die heute eigentlich Moschee ist, aber von christlichen Wallfahrern genutzt wird.

Und für Muslime ist der Tempelberg mit der El-Aqsa-Moschee ein zentraler Ort der Anbetung Gottes. Ursprünglich beteten die Muslime übrigens auch in Richtung Jerusalem, bis das nach einer neueren Offenbarung in Richtung Mekka geändert wurde.

Juden, Christen und Muslime geben Jerusalem darum den Beinamen „Heilige Stadt“, über Jahrtausende hinweg hoffen sie auf ein himmlisches Jerusalem.

Diese Hoffnung auf die große Wallfahrt der Völker aber ist noch nicht zu einem guten Ende gekommen. Etwas Entscheidendes fehlt noch: Der Friede. Auch und gerade unter denen, die in Jerusalem nach Gott suchen. Das wunderbare Ende, das große Finale steht aus.

Aber genau dieses Finale wird kommen, sagt Jesaja. ALLE werden kommen, ALLE werden Gottes Stimme hören, ALLE werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden.

Meine Schwestern, meine Brüder,
da sind wir wieder beim Schlusssatz unseres Textes:

Auf, ihr Nachkommen Jakobs, lasst uns in dem Licht LEBEN, das vom HERRN ausgeht!

Was bedeutet das für uns?
Was bedeutet das für uns angesichts der Tatsache, dass über die Hälfte der Weltbevölkerung, die Juden, Christen und Muslime miteinander ausmachen, zwar ihre Hoffnung auf das Licht Gottes setzen, das aus dem heiligen Jerusalem strahlt, aber nicht einmal UNTEREINANDER in Frieden leben?

Noch einmal Friedrich Bodelschwingh:
„Wenn die Christenheit diesseits und jenseits des Meeres sich besinnen wollte, wie unermesslich viel sie zu tun hat, um das Elend zu lindern, die Versinkenden zu retten, den Heimatlosen
eine Heimat zu schaffen und das Licht des Evangeliums in die dunkelsten Winkel scheinen zu lassen, wir hätten wahrhaftig keine Zeit, uns zu zanken um irdische Dinge.“

Das sagt er nur für die Christen, vielleicht sogar nur für die Evangelischen. Und macht damit ein Dilemma deutlich, das quer durch alle Schichten der Gesellschaft bis in ihre kleinste Zelle, die Familien hinein reicht: Wie erreicht man ein Ende des Zankens um irdische Dinge? Wie erreicht man wirklichen Frieden?
Wie lebt man in dem Licht, das von Gott ausgeht?

Paulus im Wochenspruch für heute:
„Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Eph 5, 8b.9) Und sagt damit: Im Licht Gottes leben – das bedeutet Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit leben. Es bedeutet, Gott zu kennen, der die Liebe selbst ist, und dann die LIEBE zu leben.

Es bedeutet, wie der Heidelberger Katechismus (114) uns immer neu in Erinnerung ruft, den festen Vorsatz zu fassen, nach ALLEN Gebote Gottes zu leben.

Zank und Streit um irdische Dinge, Hass und Krieg finden ihr Ende, Schwerter werden zu Pflugscharen und Spieße zu Winzermessern,
wenn Licht aufstrahlt:

Die Liebe Gottes,
die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sind dieses Licht,
das uns leben lässt.
AMEN

EG 426
1. Es wird sein in den letzten Tagen,
so hat es der Prophet gesehn,
da wird Gottes Berg überragen
alle anderen Berge und Höhn.
Und die Völker werden kommen
von Ost, West, Süd und Nord,
die Gott Fernen und die Frommen,
zu fragen nach Gottes Wort.
Auf, kommt herbei!
Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!
2. Es wird sein in den letzten Tagen,
so hat es der Prophet geschaut,
da wird niemand Waffen mehr tragen,
deren Stärke er lange vertraut.
Schwerter werden zu Pflugscharen
und Krieg lernt keiner mehr.
Gott wird seine Welt bewahren
vor Rüstung und Spieß und Speer.
Auf, kommt herbei!
Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!
3. Kann das Wort von den letzten Tagen
aus einer längst vergangnen Zeit
uns durch alle Finsternis tragen
in die Gottesstadt, leuchtend und weit?
Wenn wir heute mutig wagen,
auf Jesu Weg zu gehn,
werden wir in unsern Tagen
den kommenden Frieden sehn.
Auf, kommt herbei!
Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn.

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