Frieden
mitten in Terror, Krieg und Leid
Gerechtigkeit
mitten in der Rechtlosigkeit der Welt
bei Gott ist möglich
was bei den Menschen unmöglich ist
Das Wort ward Fleisch
und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.
Johannes 1,14a
***
Heiliger Abend. Überall auf der Welt wird gefeiert. Auch wir, hier in Deutschland, werden feiern. Und das, obwohl es den meisten schwerer fällt als sonst, heute in Weihnachtsstimmung zu kommen. Ein paar Tage nach dem Terror-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche, am Tag nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters gestern.
Dennoch versammeln sich heute und in den nächsten Tagen viele Menschen in den Kirchen und in den Familien, um das längste Fest des Kirchenjahres zu feiern. Warum wird gefeiert? Was gibt es zu feiern?
Da ist zuerst natürlich die Tradition: Schon unsere Eltern und deren Urgroßeltern haben die Weihnacht gefeiert. Irgendwie schon immer. Auch in Zeiten, in denen es den Menschen wirklich schlechter ging als uns heute. Selbst in den Schützengräben um Stalingrad fiel dieses Fest nicht aus.
Dann scheint es da irgendwelche Notwendigkeiten zu geben, die mit der Börse in Verbindung stehen. Seit September werden wir durch den Einzelhandel darauf vorbereitet, uns mit bestimmten Süßigkeiten, Geschenken und schließlich mit Vorräten an Nahrungsmitteln einzudecken. Schließlich darf es an nichts fehlen, weil doch wirklich die Geschäfte geschlossen haben: Seit heute Mittag, und das für zweieinhalb Tage hintereinander!
Und schließlich, darum treffen wir uns ja hier in der Kirche, ist da ist die Geburt des Kindes Jesus in der Krippe zu Bethlehem – wir hörten es in der Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Das ist wohl die WURZEL aller Weihnachtstradition und allen geschäftlichen Treibens. Dass da irgendwo in einer römischen Provinz am Mittelmeer, im heutigen Israel, ein Kind geboren wurde.
Doch würden wir heute, 2016 Jahre danach, wirklich noch Weihnachten feiern, wenn es nur um einen Kindergeburtstag ginge? Haben die vielen Weihnachtsgegner nicht recht, dass alles nur Kommerz sei?
Und doch zieht gerade dieses Fest bis heute Musiker, Dichter und Filmschaffende in seinen Bann, von „Last Christmas“ bis zur Muppets- Weihnachtsgeschichte. Und doch hält dieses Fest die Sehnsucht nach Frieden und Geborgenheit in den Menschen wach.
Denn tief drin weiß jeder von uns: Geborgenheit und Frieden kommen nicht von allein, ebenso wie Kälte und Terror nicht von allein kommen. Für Geborgenheit und Frieden muss man MINDESTENS genauso viel tun wie für Kälte und Terror getan wird. Sogar wesentlich mehr, wenn man will, dass Geborgenheit und Frieden über Kälte und Terror siegen.
Und weil das schon immer so war, seitdem diese Welt sich dreht, ist Gott zu Weihnachten Mensch geworden. Weil er will, dass wir sehen, dass wahrhaftige Menschlichkeit das Ende von Kälte und Terror sind.
Der Predigttext für heute hilft uns, das neu zu erkennen, es zu buchstabieren. Das ist wichtig, weil man wieder Ordnung oder Richtung in sein Leben bekommen muss. Ich lese nur einen Vers daraus, aus dem Johannesevangelium Kapitel 3 Vers 17:
„Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,
damit er die Welt richtet,
sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“
Die Welt retten? Ist die Welt noch zu retten? Wenn Terror in Nizza, Paris und Berlin nicht nur mordet, sondern jede Zivilisation in Frage stellt? Wenn in der Ukraine, Syrien oder Mali Die Mächtigen Stellvertreterkriege führen? Wenn in Europa die Nahrungsmittellager aus allen Nähten platzen, während anderswo auf der Welt Menschen verhungern müssen?
Da sind wir in Europa stolz auf unseren Wohlstand: Christlich sei unsere Tradition, tolerant unser Handeln, gerechter als im Rechtsstaat ginge es nirgendwo zu auf der Welt. Aber in Syrien stirbt gerade jetzt ein Mensch, einfach nur weil ein anderer ihn gerade sterben lassen will.
Das Paradies haben die Menschen doch längst verspielt. Steht das nicht schon in der Bibel? Steht der Wächter – Engel mit flammendem Schwert nicht zu Recht vor dem Tor des Garten Eden?
Da wäre doch endlich Gericht fällig! Denkt mancher. Da müßte einer kommen, der mit „Gefährdern“ kurzen Prozess macht und abgelehnte Asylbewerber ausweist. Da müsste einer kommen, der große und kleine Kanonenrohre zuknotet und Waffen verschrottet. Da müsste einer kommen, der den Bankern die Bonuszahlungen sperrt, der jeden Mörder zumindest für immer aus dem Verkehr zieht, der jeden Übelwollenden entlarvt und lächerlich macht. Da müsste jemand kommen und alle zum Umdenken ZWINGEN. So wäre die Welt zu retten.
IRRTUM! hören wir heute.
Gott sagt uns Menschen in dieser Nacht:
Gewalt schafft NIE ein Ende der Gewalt. Die Römer schafften das nicht, die Kreuzzüge schafften das nicht, der weltweite Terror schafft das nicht.
Zwang schafft NIE Gerechtigkeit. Man kann Flüchtende zurück zwingen, fremde Menschen oder gar Familie auf einen Kurs zwingen, nur Gerechtigkeit schafft das nicht.
Gericht schafft NIE Geborgenheit. Es verhindert vielleicht Schlimmeres, bestenfalls. Aber kein Gericht hat je Geborgenheit und Frieden zu schaffen vermocht.
„Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“ Sagt uns Johannes zu diesem Weihnachtsfest.
Gottes Wirken in unserer Welt ist eben KEIN Gericht, sondern zeigt in eine ganz andere Richtung.
Gott zeigt auf Josef und Maria in Bethlehem, machtlos und arm. Nur weil sie Glück hatten, hatte Maria bei der Geburt ein Dach über dem Kopf.
Gott zeigt auf die Hirten vor dem Stall. Unscheinbar und zu übersehen, eine Lobby hatten sie nicht.
Gott zeigt auf ein Neugeborenes. Wehrlos, freundlich, liebenswert. Niemand, der Mensch sein will, könnte ihm Böses wollen.
Gott zeigt auf das Kreuz. Geradlinig und unbeirrbar geht sein Sohn Jesus dorthin. SEIN Weg ist die Liebe Gottes. Der Weg der Anderen aber wird zum Terror am Kreuz.
Damit sagt uns Gott: Seht doch, LIEBE ist das Einzige, das unsere Welt retten kann. Einzig Liebe kann wirklich etwas zum Besseren bewegen. Nur sie schafft Geborgenheit. Nur sie schafft Frieden.
„Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,
damit er die Welt richtet,
sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“
Liebe rettet die Welt. Das sehen wir seit 2016 Jahren am Weihnachtsabend. Und weil wir wissen, dass wir mehr für menschliche Geborgenheit und Frieden tun müssen als für Kälte und Terror getan wird, lasst uns gleich etwas tun: Lasst uns Weihnachten feiern.
Lasst uns nicht nur ein paar freie Tage haben, sondern unseren Familien und den fremden Menschen draußen das lachende Gesicht Gottes zeigen.
Das Gesicht Gottes, das seit der heiligen Nacht im Stall zu Bethlehem die Herzen der Menschen nicht nur berührt, sondern VERÄNDERT.
Das Gesicht Gottes, dass den Menschen nicht Gericht ansagt, sondern den Weg zur Rettung der Welt zeigt.
Lasst uns Kerzen anzünden. So wie überall in unserem Land als Zeichen Gedenkens vor den Weihnachtsmärkten, so auch in unseren Häusern. Denn wo diese Kerzen brennen, brennt die Liebe Gottes, die die Welt rettet. Amen.
Gut gesetzte Worte inmitten der weihnachtlich nach Atem ringenden, sich selbst hetzenden, Menschheit. Und neben der sinnig empfohlenen/eingeforderten LIEBE sollte sich VERNUNFT als Partner hinzugesellen. Denn bescheuerter als derzeit kann die Welt nicht laufen in der weltweiten Spreizung zwischen Gier und Verelendung… was die Ursachen für die Predigtauslegung sind.
Vernünftige Liebe: Geht das?