Unser Gottesdienst Rogate zum Nachhören ist für vier Wochen hier zu finden.
Allein den Betern kann es noch gelingen
Das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten
Und diese Welt den richtenden Gewalten
Durch ein geheiligt Leben abzuringen.
Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:
Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,
Was sie erneuern, über Nacht veralten,
Und was sie stiften, Not und Unheil bringen.
Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,
Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,
Indes im Dom die Beter sich verhüllen,
Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt
Und in den Tiefen, die kein Aug‘ entschleiert,
Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.
Reinhold Schneider
im Widerstand gegen das Dritte Reich
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft
noch seine Güte von mir wendet!
Wochenspruch Ps 66 20
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Aus dem Evangelium nach Johannes Kap. 16
Jesus spricht:
Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.
24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass eure Freude vollkommen sei.
25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater.
26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde;
27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.
28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
…
33 Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
„Denn wir wissen nicht,
was wir beten sollen, wie sich’s gebührt…“
Das ist so im Brief des Paulus an die Gemeinden in Rom zu lesen (8, 26 b).
An diesen Satz muss ich denken, wenn ich mir über das Thema Gebet Gedanken mache. Wenn ich wieder einmal darüber nachdenke, ob es überhaupt sinnvoll ist, zu beten. Dieser Satz des Paulus beruhigt mich dann; er spricht mir aus dem Herzen.
Er beruhigt mich:
Wenn nicht einmal der große Paulus, der Vollbluttheologe, der uns die wichtigsten Briefe unserer Bibel hinterlassen hat und unsere Theologie beeinflusst und formt bis heute; wenn nicht einmal der große Paulus, der vielleicht bedeutendste Missionar aller Zeiten, der den Glauben an den Gott Israels auch mir zugänglich gemacht hat:
Wenn also nicht einmal der große Paulus weiß, „was wir beten sollen, wie sich’s gebührt“ – dann bin ich doch beruhigt, dass der kleine Pfarrer Malte auch keine fehlerfreie Antwort auf diese Frage haben kann.
Und Paulus spricht mir aus dem Herzen:
Immer dann, wenn ich versuche, mit eigenen Worten zu beten und nicht sicher bin, was ich denn nun leise für mich denken oder laut für euch sagen muss. MUSS, denn Beten ist wichtig, daran kann es keinen Zweifel geben.
Denn natürlich weiß jede und jeder, dass keine Beziehung überlebt, wenn sie sprachlos ist.
Also auch die Beziehung zu Gott nicht, wenn sie ohne Frage und Antwort, ohne ausgesprochene Freude oder geklagtes Leid, ohne Liebesbeteuerung oder den Ausruf der Trauer bleibt. All das kann das Gebet leisten, muss es leisten, wenn denn eine Beziehung zu Gott überleben soll.
Natürlich weiß jede und jeder, der sich für das Thema christliches Gebet interessiert, dass es da ein Gerüst gibt, an dem man sich festhalten kann.
Die Worte, die Jesus seinen Jüngern mit auf den Weg gab. Worte, die sicher auch Paulus gekannt hat, die wir bis heute auswendig sprechen und die die Christenheit über alle Grenzen von Konfession oder Sprache vereinen, mehr noch als jedes Glaubensbekenntnis.
Doch ist das eine Möglichkeit, NUR das Unservater zu beten? Immer nur die Worte anderer zu den eigenen Worten zu machen, wie richtig sie auch immer sein mögen? Die eigenen Emotionen und Gedanken zum Leben in dieser Welt besser für sich zu behalten, weil sie, ja, weil sie „falsch“ sein könnten? Wäre das nicht Lüge vor Gott, und nicht einmal eine barmherzige Lüge?
„Denn wir wissen nicht,
was wir beten sollen, wie sich’s gebührt…“
Wäre es nicht eine Lüge gewesen, NICHT für die Genesung meines alten Vaters zu beten, als er ins Krankenhaus kam?
Natürlich war mir klar, dass jeder Mensch irgendwann sterben muss. Natürlich wusste ich nicht, ob es denn einen besseren Augenblick zum Sterben geben würde als der, der gerade war.
Ja, für mich und meine Familie hätte ich es besser gefunden, wenn er hätte noch nicht sterben müssen. Doch ich fragte mich auch: Woher kann ich wissen, ob ein anderer Augenblick besser für Vater gewesen wäre? Vielleicht wäre ihm sein Sterben später noch schwerer geworden?
Doch hätte ich meine Gedanken und Gefühle besser mit mir selber besprechen sollen und nicht mit dem, der Himmel und Erde gemacht hat, nur weil es im Unservater heißt:
Dein Wille geschehe?
Und wenn ich laut für euch bete:
Darf ich Gott so bitten, dass das wie unsere Erinnerung an
Gottes Versprechen klingt? Klingt das nicht so, als ob der Schöpfer der Himmel und der Welten alt und vergesslich geworden wäre und wir nicht seine, sondern er unsere Hilfe bräuchte?
„Denn wir wissen nicht,
was wir beten sollen, wie sich’s gebührt…“
Ja, wir wissen es nicht. ICH weiß es nicht.
In dem Bibeltext aus dem Johannesevangelium hört sich das allerdings ganz einfach an. „Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.“
Man könnte beim ersten Hinhören meinen, dass da steht:
Bitte, um was du willst, dann sag ein „In Jesu Namen Amen“ dazu und dann geht es in Erfüllung.
Doch das wäre gegen alle Logik und dazu gegen alle Lebenserfahrung.
Es wäre gegen alle Logik:
Am Mittwoch will ich zur ersten Motorradrüste dieses Jahres nach Frauenwald am Rennsteig fahren. Dabei hätte ich gern Motorradwetter: Sonnenschein, zumindest trocken, und am besten angenehm warm, nicht zu kalt und nicht zu heiß.
Die Wettervorhersage aber droht mit optimalem Wetter für alle, die in der Landwirtschaft oder im Landschafts- und Gartenbau arbeiten: Dauerregen bei guten 10 Grad.
DAS ist doch logisch: Gott kann es niemals allen Betenden Recht machen, denn was der einen gerade recht ist, kommt dem anderen mehr als ungelegen.
Und es wäre gegen alle Lebenserfahrung:
Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Bitten in Jesu Namen bedeuten könnte, nur Dinge zu erbitten, die in SEINEM SINNE sein müssten, also dem Willen Gottes entsprechen: Selbst dann lehrt die Lebenserfahrung, das Gebetsbitten unerfüllt bleiben.
Sollte denn die Bitte, Gott möge wirken, dass -ohne Verzug!- kein Mensch mehr in diesen unseligen Kriegen in der Ukraine oder Israel-Palästina leiden oder sterben muss – sollte denn eine solche Bitte nicht in Gottes Sinne, sollte das nicht in Jesu Sinne erbeten werden dürfen?
Ich glaube nicht, dass Johannes gegen Logik und Lebenserfahrung anschreiben wollte. Dann würde man sein Evangelium einfach zur Seite legen können und sagen: Träum weiter, Johannes, du hast mit unserem Leben nichts zu tun.
Ihm saß auch kein Verleger oder Lektor im Nacken, der zu ihm gesagt hätte: Johannes, schreib mal was Kompliziertes zum Thema Beten, damit die Leute sich den Kopf zerbrechen müssen und die Auflage stimmt.
Ich glaube vielmehr, dass Johannes uns, die wir heute über ihn nachdenken, Angst nehmen und Mut machen will. Die Angst, im Gebet etwas falsch zu machen, und den Mut, alles vor Gott zu bringen, was uns am Herzen liegt.
Damit unser Beten nicht von Tag zu Tag sprachloser wird und endlich ganz verstummt. Damit unsere Beziehung zu Gott in Christus nicht unter die Räder kommt.
Dazu erinnert Johannes.
„Es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen..(25 f)
Johannes erinnert an größte Wende der Zeiten. An diese legendäre Stunde, seit der Bilder nicht mehr nötig sind. Bilder, die zwar manches sichtbar werden, aber viel zu vieles unerkennbar bleiben lassen.
Diese legendäre Stunde, in der selbst die Katastrophe des Römergalgens durch Jesu Auferstehung zum Sieg wurde. Zum Sieg über all das, was Menschen dieser Welt Angst und Entsetzen in die Knochen trieb, treibt und treiben wird.
Johannes erinnert, das Gott ALLES vermag.
„ER selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“ (27)
Johannes erinnert an eine große Liebe Gottes, die Liebe zu seinen Menschen. Für Gott hat diese große Liebe einen handfesten Grund.
Er liebt uns nicht, weil wir alles immer richtig machen, weil wir Tag um Tag Höchstleistungen bringen, weil wir freundlich zu unseren Nächsten wären, egal wo sie auch herkommen mögen.
Er liebt uns allein deshalb, weil wir Jesus lieben, und weil wir glauben, dass er wie Gott, besser: Dass er Gott selbst sei, auch wenn er einst nur ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Gott reicht es bereits, dass wir zu Jesus und er zu uns ein einfaches Ja sagen. Dafür liebt er uns, bedingungslos.
Johannes erinnert an eine Liebe, die ihresgleichen nicht auf dieser Welt findet: Die Liebe Gottes, die uns ihn erkennen lässt und jedes Bild von ihm überflüssig macht.
Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (33)
Johannes erinnert, und ich beschreibe mal von hinten nach vorn:
Jesus hat die Welt überwunden. Nicht nur, weil Ostern das Kreuz zum Sieg führt. Sondern auch, weil Jesus vor allem eines vorgelebt hat: Das ein Vertrauen auf Gott alle Grenzen der Welt überwinden kann, all ihre Mächtigen und all ihre Macht in die Schranken weist.
Das bedeutet, dass die Angst der Menschen in dieser Welt ihren Tröster gefunden hat: Jesus selbst. Wer sich ihm anvertraut, findet etwas, was in dieser Welt nicht zu finden ist.
Johannes erinnert, dass gegen alle Macht dieser Welt Jesus uns Menschen Frieden finden lässt.
Meine Schwestern, meine Brüder:
Viele Menschen in unserer naturwissenschaftlich regierten Zeit glauben, ihre Probleme selbst lösen zu können. Und das, obwohl sie durch die vermeintliche Lösung jedes einzelnen Problems mindestens zwei neue Probleme schaffen.
Weil diese Menschen das nicht erkennen können oder wollen, und dazu auch begriffen haben, dass Beten keine naturwissenschaftlichen Probleme löst, meinen sie, das Beten sei unnütz.
Doch beim Beten geht gar es nicht um das Lösen von Problemen, sondern um die Beziehung zwischen Mensch und Gott. Beten ist Meditation, vertieftes Nachdenken, Beziehungspflege. Es trägt zum Erkennen Gottes bei, zum Erlernen seiner Sprache.
Durch solche Gotteserkenntnis aber verbessert sich die Welt, weil sie alle Probleme durch die Augen Gottes sehen und ihre Lösung in der Sprache Gottes angehen lässt:
Eben in Jesu Namen.
Johannes erinnert, dass im Gegensatz zum Menschen Gott alles vermag, selbst das dem Menschen Unmögliche. Ostern lässt uns das sehen und feiern.
Ostern lässt uns diese Macht Gottes begreifen. Wir können erkennen, dass diese Macht in der Liebe Gottes besteht, auf die wir uns immer verlassen können.
Das lässt uns einen Frieden sehen, nach dem unser ganzes Leben sucht und verstehen: Gott kann uns ALLES zum Guten dienen lassen.
So kann Jesus hier sagen:
Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater. (28)
Nichts, gar nichts in Raum und Zeit kann ihn aus der Hand Gottes reißen, denn er kommt von ihm, geht zu ihm, bleibt bei ihm.
Jesu Weg kann unser Weg werden. Auf diesem Weg können wir Gott kennen lernen als den einzigen, bei dem man zu jeder Zeit geborgen ist, weil er selbst aus dem Tod Leben machen kann.
Damit macht Johannes uns Mut:
Mit DIESEM Gott haben wir es zu tun.
Mit ihm können wir darum im Gebet über ALLES sprechen, was uns auf dem Herzen liegt. Gott kann ALLE Angst in dieser Welt in einen großen Frieden führen.
In der Liebe Gottes, der Gnade unseres Herrn Jesus Christus und der Gemeinschaft des Heiligen Geistes
finden wir die Macht des Gebetes.
Und unsere Freude wird vollkommen sein.
In Jesu Namen: AMEN.
EG 292: 1-3
1. Das ist mir lieb, dass du mich hörst
und dich in Gnaden zu mir kehrst;
darum will ich mein Leben lang
anrufen dich mit Lob und Dank.
2. Mich banden Höllenangst und Tod,
ich kam in Jammer und in Not,
da rief ich deinen Namen, Herr,
errette mich, Barmherziger.
3. Lass mich in Einfalt trauen dir,
wenn ich erliege, hilf du mir!
Ich bin gewiss: Du bist mir gut;
das gibt mir den getrosten Mut.